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Homepage: Als der Kalte Krieg schwelte

Antrittsvorlesung der neuen Forschungsleiterin des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Prof. Dr. Beatrice Heuser

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Antrittsvorlesung der neuen Forschungsleiterin des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Prof. Dr. Beatrice Heuser Bis Ende der 80er Jahre schwelte der Kalte Krieg. Er brachte unter anderem mit Mauerbau und Kuba-Krise die Menschheit mehrfach an den Rand einer nuklearen Auseinandersetzung. Die Angst vor einem Atomkrieg beherrschte die Menschen. Heute findet diese überstandene Gefahrensituation kaum noch das Interesse der jungen Generation. Sie richtet ihr Augenmerk auf die aus nationalistischen Strömungen und dem internationalen Terrorismus resultierenden aktuellen Bedrohungen. Vor diesem Ausgangspunkt wies Prof. Dr. Beatrice Heuser auf die Notwendigkeit hin, dass sich die militärhistorische Forschung intensiv mit dem Kalten Krieg beschäftigt – nicht nur, um die vielzitierten Lehren aus der Geschichte zu ziehen, sondern auch weil er die Welt – und Deutschland – in zwei feindliche Lager mit gegensätzlicher sozialer und kultureller Entwicklung teilte, die bis heute nachwirkt. Die neu berufene Forschungsleiterin des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) Potsdam hatte „NATO und Warschauer Pakt. Ein Vergleich“ zum Thema ihrer Antrittsvorlesung gewählt. Nahmen die beiden Militärpakte eine gegensätzlichen Entwicklung oder waren sie doch eher Spiegelbilder? In beiden gab es einen Hegemon: die USA, die von den Verbündeten händeringend um den Verbleib ihrer Truppen in Europa gebeten wurden, und die UdSSR, die ungefragt und ungeliebt ihre Militärpräsenz in den osteuropäischen Vasallenstaaten, Heuser spricht von „Klienten“, aufrecht erhielt. Was sich ähnelt: Die USA versuchten, in der Regel ohne ausreichende Information der Partner, ihre Interessen ebenso rigoros durchzusetzen wie die Sowjetunion. Prof. Heuser nannte als Beispiel ein Strategiepapier der Amerikaner, im Kriegsfall an der deutsch-deutschen Grenze Atomwaffen gewaltigen Kalibers einzusetzen, die ein Gebiet mit 47 Millionen Einwohnern zerstört und verseucht hätten. Dies stieß auf erfolgreichen Widerspruch der Bundesregierung, so wie auch die DDR gegenüber dem Hegemon UdSSR größere (wenn auch dennoch geringe) Einflussmöglichkeiten hatte als die übrigen Bündnispartner. Die öffentliche Meinung im Westen sei stets davon ausgegangen, dass ein Atomkrieg für keine Seite zu gewinnen war, erklärte Heuser. Hauptziel der NATO sei seit 1954 stets die Abschreckung, vor allem durch Nuklearwaffen, gewesen, um den Ernstfall zu verhindern Dagegen habe der Warschauer Pakt von 1961 – 1987 eine offensive Strategie vertreten, die einen Sieg bei Hinnahme von Millionen Opfern für möglich hielt. Die MGFA-Forschungsleiterin räumte allerdings ein, dass wichtige Akten des Warschauer Paktes, die dies bestätigen könnten, nicht zugänglich sind, weil sie in Moskau noch immer unter Verschluss gehalten werden. Zudem gäbe es bei der Auswertung des Archivmaterials eine „Sprachbarriere“, die durch mehr Übersetzungen und durch Sprachstudium überwunden werden könne. Die Forscher brauchten mehr „Internationalität“, um auch im Vergleich NATO – Warschauer Pakt zu tiefgründigen Erkenntnissen zu kommen. Was Prof. Heuser betrifft, sie besitzt sie. Die Deutschbritin ist in Thailand geboren und aufgewachsen, hat in der Türkei ihr Abitur gemacht, in Großbritannien und Deutschland studiert. Sie war in der Kosovokrise NATO-Beraterin für den Friedenseinsatz, sie lehrte und lehrt in Frankreich und England. All das wird gewiss auch auf das MGFA ausstrahlen, wie dessen Amtschef Kapitän zur See Dr. Jörg Duppler in seinen Begrüßungsworten unterstrich. E. Hohenstein

E. Hohenstein

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