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Von Kirsten Graulich: Als Oma noch zur Rolle ging

Teltower Heimatverein eröffnet sein neues Domizil mit einer Ausstellung zur Waschgeschichte

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Teltow – Das müssen raue Zeiten gewesen sein, als die Hausfrauen mit dem Persilknüppel ihre Wäsche im Kessel rührten. Zuvor hatten sie besonders schmutzige Stellen noch mit der Wurzelbürste zu bearbeiten. Blasen und Risse hinterließ so ein Waschtag an den Händen, auch Schmerzen in den Armen durch das ständige Wringen. Davon ahnten jüngere Besucher nichts, als sie am Samstag die neueröffnete Waschtechnik-Ausstellung in der Ritterstraße der Teltower Altstadt besuchten und Bottiche, Bügeleisen und Spitzenhöschen bestaunten.

Das ehemalige Stallgebäude hinter dem Rathaus, das in Bauplänen bescheiden unter dem Titel „Bauteil D“ firmierte, ist nach siebenmonatiger Bauzeit nun an den Heimatverein übergeben worden. Dort, wo einst die Pferde von Gästen des Ordonnanzgebäudes untergestellt waren, können sich Besucher nun auf einen Streifzug durch die Geschichte des Wäschewaschens begeben. Allerdings blieb original nur der Stallgiebel des Hauses an der Ritterstraße erhalten – ein statisches Gutachten hatte ergeben, dass die Rekonstruktion zu aufwändig geworden wäre.

In gleicher Kubatur wurde daher ein Neubau errichtet, durch dessen hohe Fenster einige der Schauobjekte auch außerhalb der Öffnungszeiten besichtigt werden können. In den oberen Räumen wurde das Archiv des Heimatvereins untergebracht. Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) nannte bei der Eröffnung die Kosten von 469 000 Euro „gut investiert“ und bedankte sich beim Sanierungsträger complan und den bauausführenden Firmen für das Ergebnis.

Der Teltower Heimatverein dürfte damit der einzige weit und breit sein, dem eine Kommune zwei Domizile zur Verfügung stellt. Im Steinweg betreibt der Verein das kleine Heimatmuseum. Die vereinseigene archivarische Sammlung aus Dokumenten und historischen Gegenständen, die im Rathaus untergebracht war, wurde allerdings mit den Jahren so umfangreich, dass ein zweiter Standort beantragt und bewilligt wurde. Vereinschef Peter Jaeckel dankte Bürgermeister Schmidt für das Entgegenkommen. „Eines meiner schönsten Bauprojekte“ sei dieser letzte Bauabschnitt des Komplexes am Neuen Rathaus gewesen, sagte Kerstin Hollatz vom Bauamt den PNN. Nicht nur, weil das Vorhaben in kurzer Zeit umgesetzt werden konnte und die Gewerke gut zusammenarbeiteten, sondern auch, weil die nun entstandene Dauerschau Erinnerungen an die Kindheit weckt. So weiß Kerstin Hollatz noch, dass es regelmäßig nach großen Waschtagen hieß: „Zur Rolle gehen.“ Dann wurde die noch etwas feuchte Wäsche in einen Weidenkorb gepackt und mit einem Handwagen zu einer der „Gemeinschaftsrollen“ transportiert, die meist von Ladenbesitzern betrieben wurden. Dort halfen sich die Hausfrauen gegenseitig dabei, die Wäsche mittels „Rolltüchern“ durch die Walzen zu führen. Eine solche Kastenroll-Kaltmangel aus dem Jahr 1920 steht nun auch in der Ausstellung, sie konnte im Handbetrieb aber auch elektrisch betrieben werden. Ein ähnliches Fabrikat soll einst in der Berliner Straße von den umwohnenden Familien genutzt worden sein. Auch die Entwicklung von Bügeleisen wird gezeigt und beginnt mit einfachen Eisen, die auf den Ofen gestellt wurden. Daneben Kohleeisen, die so manche Büglerin zur Verzweiflung brachten. Die Kohleglut im Eisen sonderte auch Ruß- und Aschekörner ab, was zu hässlichen Flecken führte.

Bürgermeister und Heimatverein sind überzeugt, mit der publikumswirksamen Nutzung des Gebäudes, dem Anspruch einer kulturellen Mitte in der Altstadt etwas näher zu kommen.

Kirsten Graulich

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