Landeshauptstadt: Alte, neue Probleme
Politiker stellten sich Fragen des Behindertenbeirats
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Waldstadt - Kultur- und Bildungsangebote bleiben den 1546 Potsdamer Rollstuhlfahrern an vielen Orten verschlossen: Die Bibliothek, das Kulturhaus Babelsberg und das Alte Rathaus seien nicht barrierefrei, lautet der Vorwurf des Rolliclubs Potsdam. Selbst die Angebote der Akademie 2. Lebenshälfte könnten Menschen im Rollstuhl nicht nutzen. Das sagte Brunhilde Lemche vom Rolliclub am Dienstagabend auf der Sitzung des Behindertenbeirats im Haus der Begegnung.
Das Besondere an dieser Sitzung: Auch Kandidaten der acht Parteien und Bündnisse, die am 28. September bei der Kommunalwahl antreten, waren gekommen. Schließlich gibt es mehr als 18 000 Potsdamer mit Behinderung – ein großes Wählerpotenzial. Im Podium stellten sich die Kandidaten den Fragen des Beirats und der Gäste aus den Behindertenverbänden. Deren Sorgen und Probleme sind alt, geändert hätten sie sich nicht. So seien die Bürgersteige immer noch an viel zu wenig Stellen abgesenkt, um Rollstuhlfahrern zu ermöglichen, ohne Schwierigkeiten die Straße zu überqueren, sagte Carola Fischer vom Behindertenverband.
Zwar habe die Stadt nach eigenen Angaben seit 2005 insgesamt 75 Meter Bordsteine abgesenkt, doch nicht auf die vorgeschriebenen drei Zentimeter, sondern auf Null. So ist der Übergang zur Fahrbahn für Blinde allerdings nicht mehr ertastbar. „Es kann doch nicht so schwer sein, sich an die Vorschriften zu halten“, so Fischer. Bettina Paulsen (CDU) sagte: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum das von der Verwaltung nicht durchgesetzt wird.“
Klara Geywitz (SPD) betonte indes, dass Regelungen allein nicht helfen, Potsdam barrierefreier zu gestalten. „In den Köpfen muss sich etwas ändern.“ Zum Beispiel bei den Autofahrern, die häufig die abgesenkten Bordsteine zuparkten – laut Fischer ein großes Problem. Aus dem Beirat kam hingegen der Vorschlag, diese farbig zu markieren, um Autofahrer darauf aufmerksam zu machen. Nils Naber von den Grünen versprach, diese Idee zu prüfen. Eine andere Idee kam von Jana Schulze (Die Linke): Gaststätten beispielsweise sollten staatlich gefördert werden, wenn sie barrierefrei umgebaut würden. Denn viele Gewerbetreibende könnten es sich gar nicht leisten, ihre Häuser behindertenfreundlich umzubauen.
Beiratsvorsitzender Hans-Eberhard Bewer regte zudem an, dass der Behindertenbeirat künftig alle Bauvorhaben der Stadt prüfen sollte. Auch die aktuelle Sanierung des Alten Rathauses, das barrierefrei werden soll. Der Beirat will verhindern, dass wieder eine Panne passiert wie beim Theaterneubau. Damals war das Behinderten-WC zu klein geraten.just
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