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Vielfältige Szenerie: Für Freizeit-Aktivitäten und Jugendkultur gibt es vom Waschhaus über das Ribbeckeck, das Archiv, das im Bau befindliche Freiland-Zentrum und das Black Fleck viele Angebote  und mancherlei Probleme.

© A. Klaer/ PNN

Von Henri Kramer: Alte und neue Konflikte

Oberbürgermeister Jann Jakobs ist wiedergewählt – bei der Jugendkultur warten auf ihn viele Baustellen

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Es ist ein Dauerthema, für das schon demonstriert wurde: Potsdams Jugendkultur und die Angebote dafür. Im nun entschiedenen Wettrennen um den Posten des Oberbürgermeisters war es da schon bemerkenswert, dass das Thema nur am Rande eine Rolle spielte. In seinem gedruckten Wahlprogramm verzichtete der frisch für acht Jahre gekürte Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD) sogar auf eine Position – beim Thema Jugend konzentrierte sich Jakobs einzig auf Schulen und Kitas. Doch warten auf den ehemaligen Jugendamtschef in seiner zweiten Amtszeit als Stadtoberhaupt im Bereich Jugend- und Freizeitkultur gleich mehrere Probleme auf eine Lösung – und neue Konflikte sind bereits absehbar.

ARCHIV – 200 000 EURO REICHEN NICHT

Der Programmplan im alternativen Jugendzentrum „Archiv“ ist bis Dezember prall gefüllt, Brandschutzarbeiten an dem Hauskomplex in der Leipziger Straße kündigen sich noch nicht an. Wie auch, wenn es nach Angaben aus dem Trägerverein noch immer keine Baugenehmigung für die anstehenden Sanierungsmaßnahmen gibt.

Die Arbeiten sind aber nötig, damit das Kulturhaus, in dem sich Punker, Metal-Fans und andere Subkulturen bei Konzerten und Partys vergnügen können, auch langfristig bestehen bleiben kann. Dafür haben die Stadtverordneten bereits im vergangenen Jahr 225 000 Euro genehmigt. Ob das reicht, ist freilich mehr als fraglich. Denn in der Vergangenheit war schon von einer Sanierungssumme von bis zu vier Millionen Euro die Rede, damit das Haus auch dauerhaft alle Auflagen erfüllen kann. Genauso drängt der Trägerverein des „Archivs“ auf einen langfristigen Mietvertrag, um so abgesichert auch nötige Kredite aufnehmen zu können. In dieser Situation hat nun auch noch der Verhandlungsführer für die Potsdamer Stadtverwaltung, Wolfgang Hadlich, seinen Posten als Büroleiter von Jann Jakobs, aufgegeben – und so muss der „Archiv“-Verein wohl zu einem neuen städtischem Unterhändler Vertrauen fassen. Immerhin erklärten bei einer Runde kurz vor der Wahl die Oberbürgermeisterkandidaten unisono, das „Archiv“ sei erhaltenswert – auch Jann Jakobs selber.

AUTONOM – ABER AUCH SANIERT?

350 Euro. Das ist der Betrag, den der städtische Immobilienservice „KIS“ den Nutzern des besetzten „La Datscha“-Flachbaus für die Nutzung von Wasser und für die Grundsteuern der vergangenen Jahre in Rechnung gestellt hat – die wollen allerdings nicht zahlen. Seit zwei Jahren ist das Haus mit Havelblick, idyllisch gelegen am Rande des Babelsberger Parks, inzwischen besetzt. Der Konflikt um die Kosten, die dabei verursacht wurden, ist ungelöst – und er besitzt Symbolkraft.

Denn auch anderswo – vom „Archiv“ einmal abgesehen – stehen mögliche Kraftproben mit der linksalternativen Szene an. Da geht es in den nächsten Jahren beispielsweise um verpachtete Häuser wie in der Zeppelinstraße 26 und die Frage, ob ihre Nutzer auch alle an die niedrige Pacht geknüpfte Sanierungsauflagen erfüllt haben. Und auch hier geht es um mehr: So finden im „Black Fleck“ in der Zeppelinstraße 26 seit Jahren Konzerte und Partys statt, ist der Ort ein beliebter Raum für junge Potsdamer geworden.

Um die Kommunikation mit der Szene auch in solchen Streitfragen nicht abreißen zu lassen, gibt es inzwischen die AG Jugendkultur, dieses Jahr auch von den Stadtverordneten als Gremium legitimiert. Denn noch im Wahlkampf hatte Jann Jakobs selbstkritisch eingeräumt, dass man während der Jugendkulturdebatte „die Kommunikationsebene mit vielen jungen Leuten verloren“ habe. Das soll offenbar nicht mehr passieren.

RIBBECKECK: DAS PROBLEM NORDEN

Der Putz bröckelt. Mauersteine sind zu sehen. Und welche Farbe das Haus in der Potsdamer Straße früher hatte, lässt sich nicht mehr sagen: Das „Ribbeckeck“ in Bornstedt wirkt im 13. Jahr seines Bestehens von außen nicht wirklich wie ein Jugendtreff. Doch im Zuzugsgebiet rund um das Bornstedter Feld ist das „Ribbeckeck“ am Eingang zum Krongut das einzige Klubangebot für Jugendliche. Die Appelle, dass das marode Haus saniert werden muss, gibt es schon seit Jahren. Und mit steigender Einwohnerzahl im Norden Potsdams dürften es noch mehr Forderungen nach Jugend-Angeboten rund um das Bornstedter Feld geben – zumal die Kinder der vielen Familien, die in dem Viertel leben, auch älter werden.

FREILAND – UND DIE FOLGEN?

Wenn der Winter milde ausfällt und keine Überraschungen kommen, könnte es schon im April nächsten Jahres soweit sein: Das neue Jugendareal „Freiland“ an der Friedrich-Engels-Straße öffnet seine Türen, der Jugendklub S13 und der Verein „Spartacus“ erhalten lang ersehnte Räume. Dann beginnt für das dreijährige Modellprojekt die Testphase. Spannende Zeiten – und viele Fragen: Schaffen es die Betreiber, ein Kulturangebot für alle Potsdamer Jugendliche zu etablieren? Und was passiert in Zeiten knapper Kassen eigentlich, wenn es funktioniert und „Freiland“ mit seinem Mini-Etat von 125 000 Euro pro Jahr funktioniert? Werden dann auch Fragen zur Förderung an die viel höher subventionierten Jugendeinrichtungen wie „Lindenpark“ und „Waschhaus“ laut? Auch dazu wird sich Jakobs positionieren müssen. Und in drei Jahren schon ist Kommunalwahl – dann werden die Karten in Potsdams Jugendkulturpolitik sowieso neu gemischt.

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