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Landeshauptstadt: Altes lieben, Neues leben

Vom Militärgericht zum Literaturzentrum: Eröffnung der Villa Quandt am Pfingstberg

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Nauener Vorstadt - „Statt Bomben Bücher; statt Kanonen Kultur.“ Wer gestern bei ihrer feierlichen Eröffnung die in der Rekordzeit von nur einem Jahr sanierte Villa Quandt besichtigte, wird für den stolzen Pathos des Hausherren Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Verständnis haben. Aus einem für Militärtribunale genutzten Haus im „KGB-Städtchen“ wurde in Rekordbauzeit ein herrschaftliches Anwesen für die Literatur Brandenburgs. Das Fontane-Archiv und das Brandenburgische Literaturbüro teilen sich das Gebäude, dessen Instandsetzung mit europäischen Fördermitteln und der großzügigen Unterstützung der Hermann Reemtsma Stiftung in Hamburg realisiert werden konnte.

In den beiden nun hier untergebrachten Literatur- und Kulturinstituten sah Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) Theodor Fontanes Worte bestens umgesetzt, nachdem das Alte zu lieben, das Neue aber zu leben wäre.

Die Architekten der Sanierung, auf Seite des Bauherren, der Stiftung Schlösser und Gärten, Marianne und Demir Arslantepe, setzten auch bewusst auf ein Nebeneinander von Alt und Neu. Die Steinplatten im Foyer, sowjetische Wandmalereien im Obergeschoss und natürlich die Sauna mit metertiefem Abkühlungsbecken sind als Spuren der russischen Armee erhalten geblieben. Sie bezeugen die wechselvolle Geschichte des Pfingstbergensembles, zu dem auch das nahe gelegene KGB-Gefängnis gehört. „Hier wurde nicht mit dem Rasiermesser saniert“, erklärt Marianne Arslantepe. „Die Strukturen der verschiedenen historischen Phasen wurden vorsichtig frei gelegt und bleiben erlebbar“ ,so die Architektin, die sich besonders von der eidottergelben Kalkfarbe der Fassade angezogen fühlt. Wie selbstverständlich füge sich die Villa Quandt so in die Umgebung.

Die Leichtigkeit und luftige Sonnigkeit des zuletzt 1930 durch Prinz Oskar, eines Sohnes Kaiser Wilhelm II., umgebauten Hauses, wollten neben einer illustren Ehrengästeschar, in die sich auch der Schriftsteller Günter de Bruyn gemischt hatte, auch viele Potsdamer erfahren. Bereits vor Beginn des Programms standen Interessierte in einer Traube vor den Eingangsstufen und warteten geduldig auf Einlass. Ein Mitarbeiter des Fontane-Archivs verteilte, verkleidet als Herr von Ribbeck Birnen, vorausgesetzt, das bekannte Gedicht konnte wenigstens in Teilen zitiert werden. Die Textsicherheit der Potsdamer war jedoch beeindruckend.

Den großen Saal im Erdgeschoss teilen sich Archiv und Literaturbüro in Zukunft für Veranstaltungen. Von hier gibt eine Wand aus Sicherheitsglas den Blick auf die noch leeren Stahlblechregale der Bibliothek frei. Der Umzug in das Haus wird erst später vollzogen. Auch die Zimmer im oberen Geschoss sind noch nicht eingerichtet. Jedoch stehen überall ausladende Blumenarrangements, die der Inselgärtner Jörg Näthe zur Freude aller den neuen Hausherren spendete. Das Literaturbüro hat oben eine Suite bezogen, die früheren Schlafräume des Prinzen. Doch geschlafen, wie Geschäftsführer Hendrik Röder sonnig mutmaßte, wird hier sicher nicht. Veranstaltungen in den nächsten Wochen mit Hellmuth Karasek, Jörg Friedrich und Swetlana Geier wollen vorbereitet sein. Matthias Hassenpflug

Matthias Hassenpflug

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