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Landeshauptstadt: Am 24. April rasselten die Panzer heran Erinnerung an Befreiung von Nazis in Babelsberg

Klein und unterernährt stand die zehnjährige Helga Bornstädt auf der Großbeerenstraße „als ich große Panzer heranrasseln sah, die nicht die altbekannten Zeichen der Wehrmacht trugen“. Es war der 24.

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Klein und unterernährt stand die zehnjährige Helga Bornstädt auf der Großbeerenstraße „als ich große Panzer heranrasseln sah, die nicht die altbekannten Zeichen der Wehrmacht trugen“. Es war der 24. April 1945. Soldaten der I. Ukrainischen Front rückten in Babelsberg ein. Gestern erinnerten Zeitzeugen und Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) an die Befreiung des Potsdamer Stadtteils vor 63 Jahren.

Der Treffpunkt am Findling sei geschichtsträchtiges Gelände, erklärte Almuth Püschel, Historikerin und Vorstandsmitglied des brandenburgischen VVN. Unweit vom namensgebenden Steinkoloss befindet sich das Apollonia-Haus, in dem während der Hitler- Zeit eine der „kriegswichtigsten Fabriken der Region“ war, „direkt dem Reichsluftfahrtministerium unterstellt“. Entlang der heutigen Großbeerenstraße hatten sich mehrere Zwangsarbeiterlager befunden, einzig an der Grünstraße seien noch Reste zu finden, die übrigen Areale seien überbaut, so Püschel weiter.

Erinnert wurde vor allem an die Zeit des Krieges in Babelsberg. „Einst wurde der Stadtteil der starken Arbeiterbewegung das “Rote Nowawes“ genannt“, sagte Püschel. Doch auch die Babelsberger Bevölkerung ordnete sich ab 1933 mehrheitlich dem nationalsozialistischen Mainstream unter. „Erst am Ende des Krieges erinnerten sich viele wieder ihrer Arbeiter-Tradition.“ So rief die lokale Widerstandsgruppe auf, nicht bis zum bitteren Ende zu kämpfen, sondern beim Einzug der Roten Armee – dieser fand am 24. und 25. April statt – weiße Bettlaken als Zeichen der Kapitulation zu hissen. „In Babelsberg fanden vergleichsweise wenige Kampfhandlungen statt“, wusste die Historikerin zu berichten. Nur im Bereich des Babelsberger Parks gab es größere Kämpfe. Eine Panzersperre am Bahnhof Drewitz galt es darüber hinaus abzubauen. Die Kriegsgefangene bei Orenstein und Koppel befreiten sich selbst und schlossen sich teilweise den Truppen der Roten Armee an, erzählte Püschel. Kwas, Konfekt und Krim-Sekt wurden gereicht, um, wie es VVN-Mitglied Lutz Boede formulierte, „die Befreiung Babelsbergs“ zu feiern. Püschel betonte, man müsse, so lange es noch wirkliche Zeitzeugen gebe, alles daran setzen, diese zu hören. Kay Grimmer

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