zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Am Alten Rad stinkt’s aus den Gullys

Verfechter einer dezentralen Abwasserbehandlung bei der Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm

Stand:

Verfechter einer dezentralen Abwasserbehandlung bei der Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm Aus den Gullys in der Neubausiedlung Altes Rad steigt besonders bei wärmerem Wetter unangenehmer Geruch auf. Wenn die Abwasserleitungen nicht genügend Wasser führen, so durch sparsamen Verbrauch der Anwohner, setzt sich Schlamm ab und führt zu dieser Belästigung, erklärt Ulrich Jochimsen. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied des Netzwerks dezentrale Energienutzung traf sich neben anderen Verfechtern einer dezentralen Abwasserbehandlung am Dienstagabend im Haus der Natur mit Cornelia Behm. Die Bundestagsabgeordnete (Bündnis 90/Die Grünen) legte dar, dass es „in dünn besiedelten Gebieten sinnvoll sein kann, auf dezentrale Abwasserentsorgung zu setzen und diese Gebiete vom Anschlusszwang an die Kanalisation zu befreien“. Das aber geht z.B. dem Interessenverband für dezentrale Abwasserbehandlung (IDA) wie über 40 weiteren Bürgerinitiativen und Vereinen im Aktionsbündnis für nachhaltige Abwasserpolitik in Brandenburg nicht weit genug. IDA-Vorstandsmitglied Karl Otto Zabel überreichte der Bundestagsabgeordneten ein Positionspapier mit der zentralen Forderung, dass das Abwasser als Eigentum des Erzeugers – der ja das Trinkwasser gekauft hat – von ihm verwertet werden darf. Dies geschieht bei etwa 100 Vorreitern bereits in hochmodernen Kleinanlagen, in denen das gereinigte Abwasser schließlich in „Schönungsteiche“ in einer solch guten Qualität gelangt, dass es zum Tränken des Viehs verwendet werden kann. Eine Entsorgung ist damit überhaupt nicht mehr notwendig. Dennoch setzen die Kommunen und die Abwasserzweckverbände den Anschlusszwang durch, in manchen Fällen erscheinen dafür zwei Kanalarbeiter unter dem Schutz von Polizisten und Ordnungsamtsmitarbeitern. Gegen den Zwangsanschluss hat eine Landwirtin aus einem Dorf zwischen Potsdam und Brandenburg bis zum Oberverwaltungsgericht geklagt – und alle Prozesse verloren. Nun erwägt sie, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Cornelia Behms Gesprächspartner sehen den Hauptgrund für das rigorose Vorgehen in den hohen Kosten, die die nach der Wende im ländlichem Raum angelegten überdimensionierten Klärwerke und Rohrnetze verursachen. Die Zweckverbände versuchten mit allen Mitteln, diese Kosten auf den Steuerzahler abzuwälzen. Der Zwangsanschluss bedeutet ja, dass die Betroffenen die auf den Wasserverbrauch erhobenen Abwassergebühren bezahlen müssen. „Mit der Natur leben wir in Frieden, mit den Behörden im Streit“, erklärte Karl Otto Zabel. Die Pioniere einer umweltgerechten Abwasserverwertung würden durch staatliche Gewalt gestoppt. Die Berechtigung einer zentralen Abwasserentsorgung erkennen sie allenfalls für Städte an, aber bereits nicht mehr für im Vorjahr eingemeindete ländliche Ortsteile wie z.B. Grube, das ab März eine Kanalisation erhält. Die zentrale Entsorgung führe das Wasser und die Nährstoffe über Vorfluter und Flüsse ins Meer, so dass sie dem ohnehin kargen Boden der Mark Brandenburg entzogen werden. Durch defekte Leitungen versickere Abwasser ungeklärt im Boden, bei zu geringem Durchfluss käme es zu den eingangs erwähnten Geruchsbelästigungen. Cornelia Behm, deren Partei der Regierungskoalition angehört, sah sich angesichts der Kritik in einer schwierigen Lage. Die Grünen bejahen die Notwendigkeit, das Wasser in der Landschaft zu halten und die Nährstoffe in den Boden zurückzuführen. Behm will sich dafür einsetzen, dass im Landeswahlprogramm ihrer Partei Gebiete für vorrangige dezentrale Abwasserbehandlung ausgewiesen werden. Ulrich Jochimsen hofft, dass damit dieses Umweltthema endlich stärker beachtet wird. E. Hohenstein

E. Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })