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Landeshauptstadt: Am schlimmsten sind die Potsdamer

Im Neuen Garten wird verstärkt kontrolliert. Ein Rundgang mit den Ordnungskräften

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Neuer Garten - Zwei Männer kommen den schmalen Sandweg von der Eichenallee zum Ufer heruntergefahren. Manfred Seibert* geht ihnen langsam, aber zielstrebig entgegen und gibt mit der Hand zu verstehen: „Stopp!“

„Was haben wir falsch gemacht?“, fragen die Radler. „Im ganzen Park ist das Fahren und Mitführen von Fahrrädern verboten, außer auf dem asphaltierten Ökonomieweg“, klärt Seibert auf. Eine längere Diskussion um die Parkordnung entbrennt, doch es hilft nichts: Beide zahlen zähneknirschend ein Ordnungsgeld und müssen ihre Räder zurückschieben. „Würden Sie bitte absteigen und schieben?“, sagt Seibert laut. Doch die verärgerten Radler fahren den Weg so zurück, wie sie gekommen sind – auf dem Rad. Seibert schüttelt den Kopf.

Alltag für die drei Mitarbeiter der Ordnungsbehörde der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG), die in den vergangenen Wochen verstärkt im Neuen Garten kontrolliert, denn die Schäden an der Anlage haben laut Stiftung in letzter Zeit sehr zugenommen. Ordnungsgelder zwischen fünf und 35 Euro können die Ordnungskräfte je nach Ermessen für Verstöße verhängen. „Ich finde das ärgerlich, woher soll ich wissen, das man hier nicht lang darf?“, meint eine Besucherin auf dem Fahrrad, die gerade zahlen musste. „Das muss ja eine gute Einnahmequelle sein, wenn man davon drei Leute bezahlen kann“, fügt ihr Mann an.

„Die Ignoranz ist zum Teil himmelschreiend und das Aggressionspotenzial enorm“, meint Seibert. Manchmal würden er und seine Kollegen nicht nur beschimpft, sondern auch bespuckt oder halb über den Haufen gefahren. „Ich finde es schade, dass wir immer als die Bösen dargestellt werden, obwohl wir einfach nur diese schöne Parkanlage erhalten wollen.“ Mancher findet das Durchgreifen der Ordnungskräfte auch gut: „Dann kassieren Sie ruhig ab“, sagt eine ältere Besucherin, die zu Fuß unterwegs ist, nachdem Seibert ihr gesagt hat, dass die Ordnungsgelder der Stiftung zugutekommen und dem Erhalt der Parkanlagen dienen.

Geschädigt werden die unter anderem durch Radfahrer: Dadurch entstehen Spurrillen in den Wegen, erklärt Seibert, wodurch die wassergebundene Decke, also die Oberschicht der Wege, vom Regen nach und nach weggespült wird. Auf rund 500 Metern bekommt der Uferweg entlang des Treffpunkts Freizeit derzeit für 45 000 Euro eine neue wassergebundene Decke. Die Beschädigungen, die mit der Maßnahme beseitigt werden, gingen zum Teil auf die vielen Radfahrer zurück, so Seibert. Radler, die sich nicht an die Regeln halten, haben für ihn nichts im Park verloren: „Das sind keine Besucher“, sagt Seibert und zeigt auf zwei Radfahrer, die die Eichenallee entlangfahren.

Nicht nur Radler, auch Badewillige sind ein Problem: Ins Wasser darf man nur an der nördlichen Badestelle, dennoch gehen viele auch am Ufer zwischen Gotischer Bibliothek und Rotem Haus in den Heiligen See. Folge: An einigen Stellen hat der Ufersaum deutliche, mehrere Meter breite „Kerben“, weil das Ufer heruntergetrampelt wurde. Zwölf neue Hinweisschilder hat die SPSG daher vor Kurzem an den betroffenen Stellen aufgestellt. „Viele sagen: Zu der offiziellen Badestelle ist es mir zu weit oder da sind mir zu viele Leute“, sagt Siebert. „Manche legen sich hier nackt ans Ufer, wo alle Leute entlangspazieren.“

Sogar Camping, zwischen Bäumen gespannte Hängematten und Grillpartys haben er und seine Kollegen bereits im Park erlebt. Aber auch simplere Verstöße wie Betreten des Rasens oder das Liegen auf den Wiesen – viele davon Trockenrasenbiotope mit vielen geschützten Arten – werden geahndet. „Hundebesitzer haben wir mittlerweile ganz gut im Griff“, so Seibert und meint damit vor allem die Leinenpflicht.

Die häufigsten „Kunden“ der Ordnungskräfte sind heute dennoch die Radfahrer. „Wir haben das Verbotsschild nicht gesehen“, sagt fast jeder zweite Angehaltene. Für Seibert zwar keine gültige Ausrede, aber auch er findet, dass die circa 20 mal 30 Zentimeter großen Schilder, die am Anfang der Wege stehen, größer sein könnten. Verständnis für das strikte Rad-Verbot haben nur wenige: „Die sollen sich nicht so kleinkariert anstellen“, meint eine Berlinerin. „Was nutzt es mir, wenn ich mit dem Rad nur irgendwo am Rand langfahren darf?“ Für viele Besucher ist der Neue Garten schlicht ein Park zum Erholen, für die Ordnungskräfte hingegen ein empfindliches Gartendenkmal, das vor Vandalismus geschützt werden muss – eine schwer zu überwindende Kluft.

Die meisten Probleme gibt es keineswegs mit Ortsunkundigen: „Touristen sind oft einsichtig“, sagt Sieberts Kollege Klaus Holte*. „Es sind auch weniger jüngere Besucher, die negativ reagieren, Ältere sind da fast schlimmer. Und am schlimmsten sind die Potsdamer.“ Sogar einen Potsdamer Politiker habe er schon beim unerlaubten Baden erwischt, sagt Seibert. Er zeigt auf einen Radfahrer, der einen Hund ohne Leine dabei hat: „Das ist bestimmt ein Potsdamer!“

* Die Namen wurden von der Redaktion geändert, da die Mitarbeiter der Ordnungsbehörde in der Vergangenheit wiederholt Anfeindungen ausgesetzt waren.

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