Landeshauptstadt: Amtsrichter der Rechtsbeugung bezichtigt
Einspruch gegen Strafbefehl wegen Beleidigung zurückgenommen
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Einspruch gegen Strafbefehl wegen Beleidigung zurückgenommen Von Gabriele Hohenstein Alles sei mit rechtsstaatlichen Dingen zugegangen, hält Amtsrichterin Kerstin Devriel dem Redeschwall des Angeklagten entgegen. Doch Gereon R. (43) lässt sich nur schwer bremsen. Der Musiker aus Hannover fühlt sich von einem Potsdamer Richter zu Unrecht verfolgt, legt dem Juristen gar zur Last, ihm seine besten Jahre, in denen ein Mann normalerweise „ein Haus baue und eine Familie gründe“, durch ein Fehlurteil versaut zu haben. Der Anlass seiner Wut scheint läppisch. „Ich bin im Jahr 1997 unter fadenscheinigen Gründen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung angehalten worden“, so der Künstler. Da die Polizei damals sowohl seinen Namen falsch schrieb als auch eine seiner Meinung nach unkorrekte Stundenkilometerzahl angab, habe er Einspruch gegen den ihm zugegangenen Bußgeldbescheid über 200 Mark sowie einen Monat Fahrverbot eingelegt. In einer daraufhin anberaumten mündlichen Hauptverhandlung erkannte das Amtsgericht, Gereon R. habe die ihm auferlegte Geldbuße zu zahlen. Das sah der Mann anders und rief das Oberlandesgericht in Brandenburg an. Selbiges bestätigte die Entscheidung der Potsdamer Kollegen. Der Musikus verstand die Welt nicht mehr, entschied sich, keinen Pfennig „zu berappen“. Als ihm daraufhin Erzwingungshaft angedroht wurde, drehte er durch. „Ich lag Silvester 2001 im Bett und konnte einfach nicht schlafen“, schildert der Hannoveraner seine damalige Situation. Irgendwann sei er aufgestanden und habe einen Brief an den Richter in Potsdam verfasst, der an seiner finanziellen und privaten Misere Schuld tragen sollte. Dieser Brief brachte Gereon R. nun erneut vor den Kadi. Der Adressat fühlte sich vom Inhalt des Schreibens, das ihm indirekt Rechtsbeugung unterstellte, beleidigt und erstattete Strafanzeige. „Es war nicht meine Absicht, den Richter zu verprellen“, beteuert der Musikant heftig. „Ich wollte ihm nur deutlich machen, was er mir angetan hat.“ Das kann die Vorsitzende nicht recht nachvollziehen. „Sie werfen meinem Kollegen vor, ein Fehlurteil gewaltsam durchgesetzt und seine Machtstellung bewusst missbraucht zu haben. Das sind ehrverletzende Äußerungen.“ So langsam scheint dem wegen Beleidigung Angeklagten die Luft auszugehen. „Es wäre wohl besser gewesen, damals die 200 Mark zu bezahlen. Da hätte ich mir wahrscheinlich viel Ärger erspart“, verkündet er nun zum Erstaunen von Staatsanwaltschaft und Gericht. Und er erklärt, den Einspruch gegen den Strafbefehl wegen Beleidigung zurückzunehmen. „Mein Anwalt hat mir auch geraten, die 600 Euro Geldbuße zu zahlen und einen Schlussstrich unter das Vergangenen zu ziehen“, meint Gereon R.
Gabriele Hohenstein
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