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Landeshauptstadt: Andengipfel besteigen und die Freiheit fühlen Als Potsdamer Abiturientin in Venezuela
Die 20-jährige Potsdamer Abiturientin Friederike Haiser weilte sechs Wochen in Venezuela. Für „Potsdambinich“ berichtet sie über ihre Erlebnisse:Vom flachen Brandenburg auf einen Andengipfel: Vor meinem Studium im Herbst wollte ich etwas ganz anderes kennenlernen.
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Die 20-jährige Potsdamer Abiturientin Friederike Haiser weilte sechs Wochen in Venezuela. Für „Potsdambinich“ berichtet sie über ihre Erlebnisse:
Vom flachen Brandenburg auf einen Andengipfel: Vor meinem Studium im Herbst wollte ich etwas ganz anderes kennenlernen. Vor wenigen Tagen nun stand ich auf dem fünfthöchsten Berg Venezuelas. Als es am Fuß des Berges los geht, zeigt der Bergführer auf den steinigen Anstieg zu dem Gipfel der Piedras Blancas – 4750 Meter über dem Meeresspiegel. „Manchmal muss man einfach alle Anstrengungen ausblenden und das Ambiente genießen“, ermutigt Bergführer Marci Tobia Leisegang.
Der heute 46-Jährige ist der Sohn der gebürtigen Babelsbergerin Eva Leisegang. Als erster Venezolaner hat er vor zehn Jahren den Mount Everest bestiegen. Seit etwa einem Jahr lässt er nun junge Menschen in dem Ferienlager „Campamento Sagarmatha“ in den Anden an seinen persönlichen Erfahrungen teilhaben. „Sagarmatha“ bedeutet „die göttliche Mutter der Erde“ und ist die Bezeichnung der nepalesischen Ureinwohner für den höchsten Berg der Welt, den wir unter dem Namen Mount Everest kennen.
Einen Berg in die Knie zu zwingen oder eine 30 Meter hohe Steilwand hochzuklettern heißt auch ein Ziel zu erreichen, sich selbst etwas zuzutrauen und zu beweisen. Für mich als Potsdamer Abiturientin ist die erste Hürde die Umstellung auf das Leben in der Höhe. Vor allem in den ersten Tagen meiner sechswöchigen Arbeit als Kinderbetreuerin reichte schon Treppensteigen, um außer Atem zu kommen. Der geringe Sauerstoffgehalt der Luft kann auch für Kopfschmerzen und Übelkeit verantwortlich sein. Wer diese Symptome überwunden hat, bemerkt schnell, dass die Sterne hier nachts zum Greifen nahe scheinen und die von Gebirgsblumen besiedelten Anstiege unberührte Schönheiten der Natur offenbaren. Die sogenannten „Freylejones” haben dicke, samtige Blätter und setzen sich mit ihren neongelben Blüten von dem vorwiegend moosigen oder steinigen Untergrund ab. Ein kühler Wind weht mir ins Gesicht und ich denke: So fühlt sich Freiheit an.
Statt American-Spirit-Tabak atme ich hier frische Bergluft und trinke Wasser aus eiskalten Gebirgsquellen. Anstelle von „Scrubs” oder Dauerwerbung auf RTL begegnen mir hier grasende Kühe oder schnaufende Hunde und Pferde.
Der Höhepunkt dieser einmaligen Bergerfahrung ist eine viertägige Exkursion in die Wildnis der Anden, mit dem Ziel, die Spitze der Piedras Blancas zu besteigen. Dieser Gipfel ist mehr als doppelt so hoch wie unsere Zugspitze. Für mich, als unerfahrene Bergsteigerin, definitiv eine Herausforderung. Bisher unbekannte Muskeln machen sich bemerkbar, während ich der Gruppe folge.
Auf Schritt und Tritt folgen uns Esel und Mulis, die unsere Zelte und Proviant schleppen. Sie sind an die unberechenbaren Wetterverhältnisse der Gebirge gewöhnt. Von einer Minute zur nächsten kann das Wetter umschlagen. Sonnenstrahlen, Regen und Wind wechseln einander ab. Bevor an diesem Abend die Dämmerung eintritt, überraschen uns die Gebirge mit einem Schneesturm. Dies ist ungewöhnlich für das sonst tropische Venezuela. Ich zelte in dieser Nacht zum ersten Mal im Schnee. Also bewaffne ich mich mit drei Paar Socken, Leggins, Strumpfhosen und vier Pullovern und krieche in meinem Schlafsack. Am nächsten Morgen ist der Schnee bereits getaut und nach einem guten Frühstück ziehen wir los, mit dem Vorsatz, den Gipfel heute endlich zu erklimmen. Eine alte Bergsteigerweisheit besagt: „Sag mir, wie viel du isst, und ich sag dir, wie hoch du kommst.” Ich esse also noch einen Schokoriegel, bevor wir nach knapp vier Stunden die Welt aus über 4000 Meter Höhe sehen.
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