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Kritik an Landes-Hochschulkampagne / Brandenburg bezahlt Studentenwerber

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Lieber in Brandenburg studieren, weil woanders die Hörsäle zu voll sind? Die derzeitige Marketingkampagne des Landes stößt in Potsdam auf Skepsis. Sie sei zu negativ, so das Echo aus den Hochschulen. „Wir haben ein ganz anderes Selbstbewusstsein“, sagte etwa Uni-Sprecherin Janny Armbruster. Die Uni Potsdam kenne man. „Wir müssen nicht mehr da ansetzen: Seht mal, uns gibt es auch“, so Armbruster. Auch an der Fachhochschule hat man Zweifel an den Werbeslogan: Dass man überall in Brandenburg „ohne Platzangst“ in den Hörsälen oder „zügig“ in der Regelstudienzeit studieren könne, sei fraglich. Ob dieser Stil tatsächlich junge Menschen anspreche, müssten die neuen Studierendenzahlen zeigen, so Prorektor Andreas Klose.

Auf Plakaten, Bierdeckeln und Postkarten will das Land zunächst in Berlin und Brandenburg – später auch bundesweit – um Studenten werben. Denn nur wenn die Zahl der Studienanfänger bis 2020 konstant bleibt, zahlt der Bund 16 Millionen Euro an die neun brandenburgischen Hochschulen. Die Marketingaktion war allerdings nicht mit ihnen abgestimmt.

Erst am Montag sei ihnen die Kampagne vorgestellt worden. Die Hochschulen hätten den Inhalt nicht beeinflussen können, lautet die Kritik: Mit ihnen sei nicht kommuniziert worden. So könne die Universität nicht mit den geplanten eigenen Werbemaßnahmen an die Landeskampagne ansetzen, erklärte Unisprecherin Armbruster auf PNN-Anfrage. Die Uni entwickelt bereits eine eigene Kampagne für 2008 – dem ersten Jahr, in dem sich der Geburtenknick nach der Wende auch an den Hochschulen bemerkbar machen wird. Mit Anzeigen und eventuell mit Kinotrailern will die Uni Studenten locken.

Auch das Land setzt nicht nur auf Bierdeckel und Plakate, sondern will ab Herbst bezahlte Studentenwerber einsetzen: Denn neben dem Geburtenrückgang und der Abwanderung junger Menschen, macht den brandenburgischen Hochschulen vor allem eins zu schaffen: Offenbar haben immer weniger Abiturienten im Land Lust, überhaupt zu studieren: Nicht einmal zwei Drittel der brandenburgischen Abiturienten entscheiden sich für ein Studium – etwa zehn Prozent weniger als im bundesweiten Durchschnitt.

Das Land hat sich daher eine Strategie ausgedacht, um die Studiermuffel doch noch zur Immatrikulation zu bewegen: Ab nächstem Schuljahr sollen Studenten aus Brandenburg an ihren ehemaligen Schulen künftige Studierende akquirieren, kündigte Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) diese Woche an. Die Studentenwerber erhalten für ihre Arbeit rund sieben Euro pro Stunde und wurden extra ausgebildet, damit sie die Schüler professionell über Studiengebühren, Fächerkombinationen, aber auch über die Chancen eines Studiums informieren können. Das scheint auch nötig. Denn laut einer aktuellen Studie glauben viele Jugendliche, dass sich Studieren nicht lohnt: Sie entscheiden sich demnach vor allem für eine Lehre, weil sie glauben, dass sie ihnen mehr Sicherheit bietet und sie später besser verdienen. Laut Wanka ein „Irrglauben“: Akademiker würden mehr verdienen als andere und seien seltener arbeitslos.

Bis 2010 will das Land zudem eine spezielle Kampagne für Mädchen entwickeln. Denn nicht einmal zwei Drittel aller brandenburgischen Abiturientinnen studieren, obwohl hier fast jede zweite junge Frau die Schule mit der Hochschulreife verlässt. Juliane Wedemeyer

Juliane Wedemeyer

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