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Landeshauptstadt: Anders als die anderen

Ausstellung im Stadthaus über behinderte Kinder

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Es ist ein berührendes Bild wie Ursula Tolkmitt vor einem der Fotos in ihrem elektronischen Rollstuhl sitzt. Die 81-jährige Potsdamerin schaut auf ein Foto aus dem Jahre 1936. Zu sehen sind ihre Oma, ihre Cousine und sie selbst. Eigentlich ein ganz normales Schwarz-Weiß-Bild aus den 1930er-Jahren. Doch nur auf dem ersten Blick. Schnell erkennt man, dass etwas anders ist. Ursula Tolkmitt steht krumm mit einem zu langen, eingeknickten Bein neben ihrer Cousine.

Am Dienstag wurde auf dem Flur vor dem Büro von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im Stadthaus eine Fotoausstellung zum Thema „Kindheit mit Behinderung in Brandenburg“ eröffnet. Die Schau zeigt Menschen mit Behinderungen aus einer Zeit ohne moderne Hilfsmittel, Fotos, die heute kaum noch öffentlich gezeigt werden. Mitarbeiter des Hauses der Begegnung haben die Fotos aus Privathaushalten zusammengetragen.

Neben einzelnen Personen, Kindergartengruppen, Schulklassen sieht man zum Beispiel eine Pioniergruppe aus der DDR. Oft sieht man lachende Gesichter. Nicht immer fällt einem auf, welch ein Schicksal die Menschen erlitten haben.

Antje Tannert, Leiterin des Hauses der Begegnung und Mitorganisatorin der Schau, ist vom Ausstellungsort begeistert. „Es war ein großer Erfolg für uns, als uns Jann Jakobs einlud, die Austellung bis Ende des Jahres im Rathaus zu präsentieren“, sagt sie. Sie wolle mit der Schau die aktuelle Entwicklung der Inklusion vorantreiben. „Menschen mit Behinderungen sind bis heute nicht in die Gesellschaft integriert. Viele Menschen haben immer noch große Kontaktängste“, erzählt sie weiter. Umfrageergebnisse der Aktion Mensch verdeutlichen das: Demnach nimmt mehr als die Hälfte aller Deutschen Menschen mit Behinderung nicht wahr und jeder Dritte hat keinen Kontakt zu behinderten Menschen. In Brandenburg gibt es etwa 222 000 Menschen mit einer Schwerbehinderung.

Den Tränen nahe erzählt Tolkmitt von ihrer Kindheit. „Ich war als Kind eigentlich immer traurig. Nie gehörte man zu den spielenden Kindern. Ich war schon immer anders als die anderen“. Besonders schlimm sei es in der Schule für sie gewesen. „Ständig gab man mir neue schlimme Spitznamen“, sagt sie. Neben ihrer körperlichen Behinderung lernte Tolkmitt das Sprechen sehr spät. „Man muss immer stark sein. Auch heute haben Kinder mit einer Behinderung trotz der medizinischen Verbesserung kaum die Möglichkeit, sich zu integrieren. Es muss sich was ändern in den Köpfen der Menschen“, so die Potsdamerin. Lukas Berg

Lukas Berg

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