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Landeshauptstadt: Andrang für einen Tag

Ehrung der Männer des 20. Juli 1944 / Gedenkausstellung kann nicht regelmäßig geöffnet werden

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Wie stets am Jahrestag des Hitlerattentats war am gestrigen 20. Juli auch diesmal die Potsdam-bezogene Ausstellung über den Offizierswiderstand für eine Sonderführung geöffnet. Dazu hatte der Förderverein des Potsdam-Museums eingeladen.

Der Andrang war besonders groß - gewiss auch, weil die amerikanische Verfilmung mit Tom Cruise als Hitlerattentäter Stauffenberg neues Interesse an dem Staatsstreichversuch geweckt hat. Stadthistoriker Hartmut Knitter, der die Ausstellung initiiert und zusammengestellt hat, wies dann auch auf die „Löwenvilla“ in der Marienstraße (heute Gregor-Mendel-Straße) hin, die einer der Drehorte für den Film ist. Hier hatte der Hauseigentümer Fritz von der Lancken den Sprengstoff versteckt, mit dem Stauffenberg schließlich in der Wolfsschanze den Anschlag auf den Diktator verübte.

Die Gedenkausstellung ist in der Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten, heute vom Innenministerium genutzten ehemaligen Kaserne des Ersten Garderegiments zu Fuß untergebracht, die nach dem Ende der Monarchie vom InfanterieRegiment 9 (IR 90) genutzt wurde. Noch immer zu sehen sind über dem Eingang an der heutigen Henning-v.-Tresckow-Straße das Signum des Regiments und sein Wahlspruch „Semper talis“ („Immer die Gleichen“). Zahlreiche Adelige, so auch die Brüder von Weizsäcker, dienten in dem vornehmen Regiment, darunter nicht weniger als 20 Offiziere, die später am Staatsstreich gegen Hitler beteiligt waren. Knitter schilderte lebendig, wie am 20. Juli 1944 der Wehrmachtsmaler Prof. Carl Detemeyer seine Signatur unter ein im Museum erhaltenes Bild des damals noch unzerstörten Potsdams setzte, das vielen IR9-Angehörigen zur zweiten Heimat geworden war. Zur gleichen Zeit machten sich vier junge Offiziere - Ludwig Freiherr von Hammerstein-Equord, Ewald-Heinrich von Kleist-Schmettau, Georg Sigismund von Oppen und Hans Karl Fritzsche - auf den Weg zum Berliner Bendlerblock, um den Umsturzversuch zu unterstützen. Sie drangen jedoch nicht mehr bis zu ihrem Ziel durch; ein Umstand, der sie schließlich vor der Hinrichtung bewahrte und sie zu wichtigen Zeitzeugen werden ließ, die auch Hartmut Knitter befragen konnte.

Überraschenderweise fand sich beim gestrigen Rundgang auch ein noch lebender Zeitzeuge ein – der 84-jährige Potsdamer Joseph Gniosdorz, der 1943/44 als Soldat in der IR9-Kaserne gedient hatte und zwar nicht die Umsturzvorbereitungen, aber die hier herrschende Atmosphäre schildern konnte.

Nach dem Andrang am Jahrestag des 20. Juli 1944 wird die Gedenkausstellung wieder nur auf Voranmeldung zu besichtigen sein. Für eine regelmäßige Öffnung, die auch eine Personalstelle voraussetzen würde, fehlt dem Potsdam-Museum das Geld.

Erhart Hohenstein

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