Homepage: Aneinander vorbeigelebt
FH-Studentinnen vertonen sowjetische Besatzung
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FH-Studentinnen vertonen sowjetische Besatzung Aus ihrer Kindheit habe sie eine Sympathie für die russische Kultur, obwohl sie wenig davon mitbekommen hatte, erzählt Andrea Bastigkeit. Sie war zehn Jahre alt, als die Mauer fiel. Von einem emotionalen Halbwissen in Bezug auf alles Russische, berichtete Dörte Fiedler. Sie war elf, als das Leben in der DDR endete. Ein Leben, das von russischem Militär umgeben war, auch wenn dieses meist in abgeriegelten Kasernen lebte. Vergangenes Jahr wurde am 25. August des russischen Truppenabzugs vor zehn Jahren (1994) gedacht. Der Abzug hatte die umfangreichste und mit 49 Jahren längste Truppenstationierung auf fremdem Staatsgebiet beendet. Eine Zeit, die heute in der jüngeren Generation fast vergessen scheint. Sie habe das Thema zunächst nicht interessiert, erzählte Katharina Meier, die aus dem Westen stammt. Ahnungslosigkeit in Bezug auf die Zeit der russischen Militärstationierung in der DDR herrsche aber auch unter Studierenden aus dem Osten, weiß Birgit Niendorf. Die vier Studentinnen des Studiengangs Kulturarbeit der Fachhochschule Potsdam haben das 10-jährige Jubiläum des Truppenabzugs zum Anlass genommen, die nähere Vergangenheit, bzw. einen Teil der Welt ihrer Kindheit, aufzuarbeiten. Sie begannen mit Fragebögen, die sie unter Gleichaltrigen verteilten und spontanen Interviews: „Was ist DSF?“ „Deutsches Sportfernsehen?“ Zu den Abkürzungen GSSD (Gruppe Sowjetischer Streitkräfte Deutschlands) und SMAD (Sowjetische Militäradministration) fiel niemandem etwas ein. Aus Interviews mit Zeitzeugen und Historikern, aus Originaltondokumenten und einer fiktiven weiblichen Erzählerin, welche die klischeebehafteten oberflächlichen Berührungen der Generation der Macherinnen mit dem Thema Russen in der DDR repräsentiert, machten die Studentinnen ein Hörfeature: „Erstaunlich unbekümmert aneinander vorbeigelebt. Eine Spurensuche“. Überrascht habe sie die Ambivalenz, sagt Dörte Fiedler, die das Verhältnis der Menschen in der DDR zu „den Russen“, wie man wenig differenzierend sagte, prägte. Den russischen Soldaten war es verboten, privaten Kontakt zu Deutschen zu pflegen. Das Militär war nicht nur Bollwerk gegen den Westen, sondern im Ernstfall auch Instrument zur Niederschlagung von Aufständen. So kam es, dass tatsächlich viele „erstaunlich unbekümmert aneinander vorbeigelebt“ haben und nur durch steife Veranstaltungen und organisierte Treffen der Gesellschaft zur Deutsch-Sowjetischen Freundschaft (DSF) in Kontakt mit den „Freunden“ traten. Wie künstlich diese „Freundschaft“ war, dokumentiert in dem Feature eine Tonaufnahme vom Truppenabzug aus Luckenwalde Ende der 50er Jahre. In den Interviews erfährt man von dem Tabu, Beschwerden über die Russen – die Befreier vom Nationalsozialismus – laut werden zu lassen. Etwa wenn ihre schlecht beleuchteten LKWs Menschenleben forderten. Andererseits gab es, trotz der verordneten Separierung, zahlreiche Kontakte im Alltag. Über die Jahre entstanden auch Freundschaften, die deutsche mit russischen Familien verbanden. Das Feature umspannt die gesamte Zeit von 1945 bis 1991, als der Truppenabzug begann. Die Heimkehr in die sich auflösende Sowjetunion bedeutete für viele Familien eine Rückkehr ins Ungewisse und Entfremdete. Dagmar Schnürer Die CD ist in der Landeszentrale für politische Bildung erhältlich: 0331-866-35 41.
Dagmar Schnürer
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