zum Hauptinhalt
Tischlert gern. Peter Bergmann, Bewohner des Tageszentrums für psychisch Kranke, beim Schleifen von Regalbrettern. Rechts: Leiterin Anne Bresgott.

© M. Thomas

Psychisch Kranke nicht länger ausgrenzen: Angekommen mitten in Potsdam

Das Tageszentrum für psychisch Kranke ist umgezogen – und gehört jetzt zum Bergmann-Klinikum.

Stand:

Die Wände sind ein wenig kahl, es fehlen noch diverse Möbel. Doch die Tagesbesucher und das Betreuungsteam vom Tageszentrum für chronisch psychisch erkrankte Menschen stört das kaum. Sie sind voller Elan nach dem Umzug Anfang Juli aus dem alten Domizil Am Neuen Garten in das erste Obergeschoss in der Yorckstraße 22. Neu ist aber nicht nur der Ort, auch die Trägerschaft: Ab jetzt gehört die Stätte in die Obhut der Psychiatrischen Klinik des Klinikums Ernst von Bergmann (EvB).

Am gestrigen Donnerstag besuchte Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) die Einrichtung, schaute sich in den Räumen und Werkstätten um. Die Tagesbewohner hatten ein üppiges Buffet vorbereitet. Küche und Gemeinschaftsraum als Herzstück der Tagesstätte sind schon längst in Betrieb genommen. Der Besuch aus dem Rathaus brachte eine Küchenuhr mit, das hatten sich die Bewohner gewünscht.

Mit dem Umzug in das Stadtzentrum sei man dem Ziel nähergekommen, mittelfristig ein gemeinsames Zentrum aller Einrichtungen für psychisch Kranke in und in der Nähe des Klinik-Campus anzusiedeln, sagte Rüdiger van Leeuwen vom Zentrum für Psychiatrie des Bergmann-Klinikums. Erst Anfang des Jahres war eine Klinik für Kinder und Jugendliche im Hauptgebäude in der Charlottenstraße eröffnet worden, mittelfristig soll auch die Klinik für Erwachsene vom Gelände In der Aue in die Stadtmitte umziehen. Die Kontakt- und Beratungsstelle i-Punkt soll bereits 2014 Räume im Zentrum Am Kanal beziehen.

Die Tagesstätte setzt auch mit ihrem neuen Namen ein Zeichen. „Tageszentrum Mittendrin“ war der Favorit im Suchprozess, an dem alle Bewohner teilnahmen. „Wir sind mittendrin in der Stadt – aber auch im Leben und in der Gesellschaft“, sagte Anne Bresgott, die neue Leiterin des Hauses.

Das Tageszentrum mit 20 Plätzen ist ein Angebot für Menschen mit chronischen psychischen Erkrankungen oder Beeinträchtigungen. Im Anschluss an eine Akutbehandlung finden sie dort langfristige Unterstützung, die mehrere Jahre dauern und mit der Weitervermittlung an eine Werkstätte oder einen passenden Arbeitsplatz in einem geschützten Umfeld beendet werden kann. „Es gibt auch Menschen, die diesen Sprung nie schaffen“, sagte Christian Kieser, Leiter der Psychiatrischen Klinik.

Die Wiedereingliederungshilfe wird über das Sozialamt finanziert. Dort muss sie auch beantragt werden. Die Klienten wohnen zu Hause, oft im familiären Umfeld, und fahren selbstständig jeden Morgen in die Yorckstraße 22. Je nach Vorliebe arbeiten und engagieren sie sich dort, es gibt mehrere gut ausgestattete Werkstätten zum Töpfern, Malen, Tischlern. Peter Bergmann kommt seit acht Jahren in die Tagesstätte, er arbeitet am liebsten in der Tischlerei. Dort kennt er sich gut aus, zuletzt wurde dort ein Tisch für den Computerraum aufgearbeitet, Regale sind als nächstes dran, erklärt er. Und wenn sie endlich einen Internetanschluss haben, sagt ein Bewohner, wollen sie an einer neuen Ausgabe ihrer eigenen Zeitung arbeiten.

Was in der Töpferei hergestellt wird, Vasen, Kerzenhalter, soll möglicherweise auf Märkten verkauft werden. „Eine gute Idee, man will ja wissen, wofür man arbeitet“, sagte Müller-Preinesberger.

Mit dem neuen Haus sind die Bewohner zufrieden, auch wenn sie den großen Garten vermissen. Jetzt gibt es nur einen schmalen Grünstreifen hinterm Haus, den sie sich gestalten wollen. Aber der großzügige Essbereich mit der offenen Küche sei sehr schön, hieß es. Dort wird am großen Tresen gemeinsam geschält, geschnippelt, gekocht.

Gleich nebenan befindet sich der Hauswirtschaftsraum mit Waschmaschine und privaten Schließfächern für die Bewohner. Noch nicht fertig ist der Bewegungsraum, der auch als Rückzugsort für ruhebedürftige Besucher gedacht sein soll. Zunächst müssen die alten Holzdielen aufgearbeitet werden, die Bewohner wollen das selbst tun. Weiterhin sind Sofas für eine gemütliche Sitzecke und antiquierte Möbel für eine Ecke mit Caféhaus-Atmosphäre eingeplant.

Der Bedarf an Betreuungsmöglichkeiten wächst ständig. Die Kapazität in der Tagesstätte, der einzigen in Potsdam, ist derzeit noch ausreichend. Allerdings ist die Psychiatrische Klinik für Kinder und Jugendliche seit Inbetriebnahme voll belegt, sagt Kliniksprecherin Damaris Hunsmann. Dort gibt es sogar Wartelisten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })