Landeshauptstadt: Angenehm, Afrika!
Neuer Verein leistet „Entwicklungshilfe für Deutsche“
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Mit Schwierigkeiten im Zusammenleben von Deutschen und Ausländern kennt Charity Okezie sich aus. Die Nigerianerin kam 1992 als Austauschstudentin nach Potsdam. Als sie damals eine Babelsberger Boutique betrat, sei sie von der Verkäuferin sofort wieder herausgeschickt worden: „Ich glaube, Sie haben hier nichts zu suchen“, sagte die mit eisiger Miene. Wenig später ging die couragierte Afrikanerin zurück in das Geschäft – eingekleidet mit feinster Ware aus einer Berliner Boutique. „Wie im Film ,Pretty Woman’“, sagt Okezie und lacht.
Ihre Erkenntnisse aus Erlebnissen wie diesem haben sie aktiv werden lassen: „Integration kann nur funktionieren, wenn auch die Deutschen mehr über das Leben der Immigranten erfahren“, sagt Okezie. Damit das geschehen kann, hat die Nigerianerin im September 2006 zusammen mit neun Freunden das Internationale Center für Deutsche und Immigranten e.V. gegründet. Anfang März nun luden Okezie und ihre Vereinsfreunde zum ersten Mal „Menschen aller Kulturen“ zum gemeinsamen Kochen afrikanischer Gerichte in Okezies Geschäft in der Friedrich-Ebert-Straße ein. Eine Verwandte Okezies aus Nigeria und ein Vereinsmitglied aus Sierra Leone bereiteten Speisen aus ihrer Heimat zu. Die Deutschen kochten die Gerichte nach und mussten sich am Ende einer Jury stellen, die einen Gewinner des Kochwettbewerbs kürte. Außerdem veranstaltete der Verein eine Modenschau mit dem Titel „Angenehm, Afrika!“ samt Kunst-Ausstellung im Haus der Natur. Damit sollten afrikanische Neuankömmlinge in Potsdam willkommen geheißen werden, sagt Okezie. Zudem wolle der Verein auch damit die Kommunikation zwischen Deutschen und Immigranten verbessern.
Seit sie in der Stadt lebt habe sich allerdings für Ausländer schon viel zum Positiven verändert, so Okezie. Früher sei sie von Jugendlichen oft mit rassistischen Bemerkungen belegt worden. „Und wenn ich mich im Bus neben einen Deutschen gesetzt habe, ist dieser aufgestanden und ans andere Ende des Busses gegangen.“ Dass sie nun in Potsdam leben könne, „ohne ständig Angst haben zu müssen, das freut mich wirklich sehr“. Trotzdem seien ihr einige Menschen in Deutschland zuweilen „unheimlich“. Als „verschlossen“ bezeichnet Okezie die Deutschen, nur eine Minderheit interessiere sich für fremde Kulturen. „Ich schätze, nur etwa zwei Prozent suchen den Kontakt zu Ausländern, sind neugierig.“ Das Anliegen, Menschen verschiedener Kulturen, ob Deutsche, Afrikaner, Araber oder Asiaten „unter einem Dach zusammenzuführen“, könne man daher auch als „Entwicklungshilfe für Deutsche“ bezeichnen, sagt Charity Okezie. Frederik von Harbou
Informationen zum „Internationale Center für Deutsche und Immigranten e.V.“ unter Tel.: (0331) 601 27 63.
Frederik von Harbou
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