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über grüne Gentechnik
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über grüne Gentechnik Riesige Maiskolben, unnatürlich gefärbte Tomaten, Gurken, so groß, dass es fast schon Melonen sein könnten: Bilder, die in vielen Köpfen entstehen, wenn das Gespräch auf Gen-Food kommt. Seit Anfang Mai bekannt wurde, dass in Deutschland Versuchsfelder für Mais bewirtschaftet werden, ist die Diskussion um das manipulierte Gemüse in vollem Gange. Doch wie gefährlich sind die im Labor behandelten Produkte wirklich? In der Reihe „Potsdamer Köpfe“ widmete sich Prof. Dr. Mark Stitt vom Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm vergangenen Sonntag diesem Thema. „Pflanzenzüchtung gestern, heute. Und morGen?“, so der Titel der Veranstaltung über grüne Gentechnologie im Alten Rathaus. Schon seit der Antike habe man Pflanzen bewusst ausgewählt und miteinander gekreuzt. Warum? „Nun, ganz klar! Der Mensch muss essen“, erklärte Stitt den etwas 20 überwiegend älteren Zuhörern. Die Nahrungs- oder Kulturpflanzen, die wir heute kennen, seien alle das Ergebnis uralter Züchtungsmethoden. „Zunächst durch unbewusste, später durch bewusste Auslese von Wildpflanzen.“ So wurde etwa aus dem leicht schrumpeligen Wildkohl der aromatische Rosenkohl. Die bestehende Art wurde mit einer anderen Pflanze, die eine gewünschte Eigenschaft hatte, vermischt. Bis heute ist die konventionelle Pflanzenzüchtung die gängigste Kreuzungsmethode. Mehrere Merkmale gleichzeitig zu optimieren sei so jedoch kaum möglich. „Und das Ganze dauert“, sagte Stitt. Zehn bis 15 Jahre müsse man immer und immer wieder probieren, bis das Ergebnis den gewünschten Erfolg bringe. Zeit die man heute nicht unbedingt mehr hat. „Die Weltbevölkerung nimmt immer mehr zu. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche, die der Menschheit zur Verfügung steht, wird damit jedoch immer knapper“, erklärte der gebürtige Brite mit dem sympathischen Akzent. Außerdem bedrohen Schädlinge, Unwetter oder Pflanzenkrankheiten die Ernte. „Ich bin daher ganz klar ein Befürworter der Gentechnologie“, sagte Stitt. Das Publikum übte sich jedoch noch in Zurückhaltung. Dabei scheint alles so einfach. Das Erbgut werde isoliert, Gene, also Erbfaktoren, von einem Organismus auf den anderen übertragen – zunächst in einzelne Blattstücke. Diese wachsen dann zu vollständigen Pflanzen heran. In jeder ihrer Zellen tragen sie nun das Gen und vererben es weiter. Bisher wurden so zumeist Nutzpflanzen gegen Schädlinge und Pflanzenkrankheiten widerstandsfähiger gemacht. Auch gegen Pflanzenschutzmittel wurden Resistenzen entwickelt: Das Unkraut wird vernichtet, die Gen-Pflanze überlebt. Die zweite Generation des „Gen-Foods“ solle aber auch ertragreicher sein oder unter ungünstigeren Klimabedingungen wachsen können. Ob es Risiken gebe, fragte Stitt. Viele Menschen haben vor allem Angst, dass sich das genmanipulierte Gemüse verbreiten könne. „Aber ich bitte Sie“, sagte Stitt. „Haben Sie schon einmal eine Kartoffel oder einen Maiskolben irgendwo wild wachsen sehen?“ Das Publikum schüttelte erleichtert den Kopf. „Warum nun aber dieser mediale Rummel um den Gen-Mais?“, wollte eine Frau aber dann doch noch wissen. „Ja, das frage ich mich manchmal auch. Vielleicht die Angst vor dem Neuen“, antwortete der Professor. Marion Schulz
Marion Schulz
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