Nach der Verschwendungsaffäre in Potsdam: Anklage gegen Ex-IHK-Chef Stimming erhoben
Der frühere Präsident der IHK Potsdam, Victor Stimming, soll sich nach dem Willen der Staatsanwaltschaft Potsdam vor Gericht verantworten. Die Anklage wirft ihm Betrug und Untreue vor.
Stand:
Potsdam - Eine Zivilklage auf Schadensersatz gibt es schon, nun drohen dem früheren Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK), Victor Stimming, nach der Affäre um Vetternwirtschaft und Selbstbedienung auch strafrechtliche Konsequenzen. Gegen ihn ist Anklage erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft Potsdam wirft dem 64-Jährigen nach PNN-Informationen Untreue und Betrug vor. Konkret geht es in der Anklage um drei Fälle, für die die Anklage eine sechsstellige Schadenssumme auflistet.
Mitarbeiterin in Stimmings Baufirma auf IHK-Kosten
Zum einem geht es um eine Sekretärin im Dienste der IHK, die dem 2013 nach 18 Jahren zurückgetretenen Ex-Präsidenten zur Seite gestellt worden war. Tatsächlich setzte der ehrenamtliche Kammer-Präsident die Mitarbeiterin aber in seiner Baufirma in Brandenburg/Havel ein. Die IHK kostete das 180 000 Euro.
Beschluss für üppige Pension auf Malta
Daneben dreht sich die Anklage um eine Dienstreise des IHK-Präsidiums nach Malta. Im August 2012 hatten die Mitglieder im Fünf-Sterne-Hotel „Phoenicia“ in Valletta einen Grundsatzbeschluss gefasst, wonach Stimming für sein Ehrenamt eine üppige – für IHK-Präsidenten unübliche – Pension bekommen sollte. Dafür bildete die IHK dann eigens Rückstellungen in Höhe von einer halben Million Euro aus den Pflichtbeiträgen der fast 80 000 Mitgliedsunternehmen.
30 000 Euro Aufwandsentschädigung pro Jahr fürs Ehrenamt
Ebenso relevant für die Ankläger war eine jährliche Aufwandsentschädigung von 30 000 Euro pro Jahr. Die bekam Stimming auf eigene Anregung von der IHK für sein Ehrenamt, konkret für den Aufwand und die Haftungsrisiken im Förderausschuss des Landeswirtschaftsförderers ZAB und im Verwaltungsrat der Bürgschaftsbank. Gekoppelt war die seit 2009 gezahlte Summe anteilig an die Entlohnung der Geschäftsführer von ZAB und Bürgschaftsbank, die IHK-Mitglieder sind.
Die IHK fordert mit Zivilklage Schadenersatz
Ob die Anklage vom Gericht zugelassen wird und wann es zum Prozess kommt, ist noch offen. In einem anderen, zivilrechtlichen Verfahren zieht die IHK wie berichtet gegen Stimming vor das Landgericht Potsdam. Die Kammer hat Stimming auf Schadensersatz in Höhe von 250 000 Euro verklagt. Ursprünglich hatte die IHK den von Stimming verursachten Schaden auf eine halbe Million Euro taxiert.
IHK zahlte Luxus-Dienstwagen, Strafzettel, steigende KfZ-Versicherung
Die Zivilklage der IHK stützt sich auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Es bestätigte die 2013 von rbb und PNN aufgedeckten Missstände in der Stimming-Ära. Bei der Zivilklage geht es aber zum Teil um andere Vorwürfe als in der Anklage der Staatsanwaltschaft. Neben den Vorwürfen zur IHK-Sekretärin und zur Aufwandsentschädigung fordert die Kammer auch den Schaden für die luxuriösen Dienstwagen, die Stimming privat nutzte, zurück. Nach einem internen Prüfbericht zahlte die IHK nicht nur jedes Jahr für einen neuen Wagen – sogar im Herbst 2013 kurz vor seinem Rücktritt einen Mercedes S500 4matic, Listenpreis 140 000 Euro –, sondern auch von Stimming verursachte Strafzettel und Mehrkosten für eine rapide steigende Versicherungsprämie wegen hoher Unfallkosten.
Stimmings Vertrauter kam mit Geldauflage davon
Der frühere IHK-Hauptgeschäftsführer, René Kohl, dem vorgeworfen worden war, die Privilegien seines Kammerpräsidenten abgesegnet zu haben, kam dagegen glimpflich davon. Anfang des Jahres hatte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Zahlung einer fünfstelligen Geldauflage eingestellt. Ein Schuldeingeständnis ist damit nicht verbunden, Kohl ist auch nicht vorbestraft. Eine solche Einstellung erfolgt jedoch, wenn sich für die Staatsanwaltschaft der Tatverdacht im Wesentlichen bestätigt hat. Zudem hatten Kohl und die IHK einen zivilrechtlichen Vergleich geschlossen. Kohl ist heute Geschäftsführer bei der Potsdamer Sicherheitsfirma GSE Protect.
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