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VfL Potsdam: Anklage gegen Ex-Minister Holger Rupprecht
Staatsanwaltschaft wirft dem einstigen Präsidenten des VfL Potsdam vor, Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt zu haben. Sein Anwalt wundert sich: Das Verfahren galt als längst eingestellt.
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Potsdam - Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen früheren brandenburgischen Bildungs- und Sportminister Holger Rupprecht erhoben. Dem jetzigen SPD-Landtagsabgeordneten wird vorgeworfen, in seiner Funktion als Präsident des Handball-Drittligisten VfL Potsdam Sozialversicherungsbeiträge für Spieler und Vereinsmitarbeiter vorenthalten zu haben. Oliver Kramm, Sprecher des Amtsgerichts Potsdam, bestätigte am Montag auf PNN-Anfrage den Eingang der Anklage.
Dass gegen ihn wegen des Verdachts, Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt zu haben, ermittelt wurde, hatte Rupprecht im vergangenen Sommer selbst bestätigt. Die Ermittlungen standen im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren gegen den Handball-Drittligisten. Das Verfahren, bei dem es um Verbindlichkeiten in Höhe von rund 550 000 Euro ging, ist inzwischen abgeschlossen. Im Laufe des Verfahrens hatte das Insolvenzgericht Gutachten auch der Staatsanwaltschaft überstellt. Von Amts wegen begann die Ermittlungsbehörde zu prüfen, ob der VfL als Arbeitgeber im Zuge seiner Zahlungsunfähigkeit auch Beiträge der Spieler und Mitarbeiter zur Sozialversicherung vorenthalten und veruntreut haben könnte.
Überrascht von der jetzigen Anklage
Rupprecht wurde Gegenstand dieser Ermittlungen, die inzwischen aber eingestellt worden sind, wie dessen Anwalt Dieter Gräfe sagt. Der renommierte Jurist arbeitete in Niedersachsen als Richter und Oberstaatsanwalt und ist inzwischen in einer Berliner Kanzlei tätig.
„Das gesamte Verfahren wurde komplett eingestellt, der Einstellungsbescheid liegt uns vor“, so Gräfe. Umso überraschter seien er und sein Mandant von der jetzigen Anklage. Zu den vermeintlich neuen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft sei er noch nicht angehört worden, sagt Gräfe. Er habe beim Amtsgericht beantragt, die Eröffnung des Verfahrens nicht zu beschließen.
So weit ist das Amtsgericht ohnehin noch nicht. Derzeit wird dort geprüft, ob es tatsächlich zu einer Hauptverhandlung kommt. „Das ist dann der Fall, wenn zu mehr als 50 Prozent eine Verurteilung wahrscheinlich scheint“, sagt Gerichtssprecher Kramm.
18 Jahre an der Spitze des Vereins
„Wir hoffen, dass es nicht zum Prozess kommt“, sagt Gräfe. Denn es sei bislang aus seiner Sicht völlig unklar, welche neuen staatsanwaltlichen Erkenntnisse der Anklage zugrunde liegen, sodass die ursprüngliche Einstellung der Ermittlungen revidiert wurde. Laut Gräfe geht es um 7000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen, die nach neuen Erkenntnissen seitens des VfL nicht gezahlt worden seien. Ob das tatsächlich so ist und welche Berechnungen die Staatsanwaltschaft dafür zugrunde legt, sei für Gräfe völlig offen.
Holger Rupprecht und der 1. VfL Potsdam – das ist eine enge Beziehung. 18 Jahre stand der 62-Jährige an der Spitze des Vereins, der seine erfolgreichste Zeit von 2009 bis 2011 zwei Spielzeiten in der 2. Bundesliga feierte. Fast kein Heimspiel des nunmehrigen Handball-Drittligisten, bei der einstige Sportminister auch heute nicht auf der Zuschauertribüne in der MBS-Arena und anschließend im VIP-Raum sitzt. Auch nach seinem Rücktritt als VfL-Präsident im vergangenen Jahr ist Rupprecht dem Handballverein eng verbunden.
Er wolle die Suppe auslöffeln, die er eingebrockt habe
Seine Demission als Vereinschef war unausweichlich, schließlich schlitterte der VfL unter Rupprechts Führung in die Zahlungsunfähigkeit. Er blieb, solange das Insolvenzverfahren lief. Er wolle die Suppe auslöffeln, die er eingebrockt habe, sagte er einmal. Während seiner Spielzeit in der 2. Bundesliga hatte sich der VfL wirtschaftlich übernommen, die sportlichen Ansprüche überstiegen die finanziellen Möglichkeiten. Wo man einen radikalen Schnitt hätte machen müssen, habe man dies nicht getan, räumte Rupprecht später ein. Dies sei ein Fehler gewesen.
Ein Fehler kostete Rupprecht 2011 auch seinen Platz im Brandenburger Regierungskabinett. Damals war er nach einer Dienstwagen-Affäre von seinem Amt als Bildungsminister zurückgetreten.
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