Landeshauptstadt: Anklage: Pakete durchsucht und Beute verkauft
Das Potsdamer Amtsgericht muss entscheiden, ob einem Briefträger und seinem Komplizen aus Fahrland der Prozess gemacht wird
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Der spektakuläre Fall eines mutmaßlich betrügerischen Briefträgers beschäftigt nun das Potsdamer Amtsgericht. Wie Justizsprecher Wolfgang Peters am Mittwoch den PNN auf Anfrage bestätigte, hat die Potsdamer Staatsanwaltschaft gegen den 45 Jahre alten Mann und einen 39 Jahre alten mutmaßlichen Komplizen Anklage erhoben. Lässt das Gericht diese zu, findet ein Prozess statt. „Das wird noch entschieden“, so der Gerichtssprecher.
Die beiden Angeschuldigten kommen aus Fahrland. Dem 45-Jährigen wird laut Peters vorgeworfen, als Zusteller der Deutschen Post an mehr als 60 Tagen unterschiedlich viele Briefe, Prospekte und Pakete nicht zugestellt, sondern für sich behalten zu haben. An manchen Tagen sollen laut der mehrere Dutzend Seiten umfassenden Anklageschrift bis zu 50 Sendungen nicht bei ihren Empfängern angekommen sein. Als Tatzeitraum werden drei Monate zwischen Ende Juni und Ende September vergangenen Jahres vermutet. Damit soll sich der Mann, der wegen eines Verkehrsdelikts unter Bewährungsauflagen steht, der Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses schuldig gemacht haben. Würde er verurteilt, drohen bis zu fünf Jahre Haft.
Dagegen sei der andere Angeklagte wegen Hehlerei in mehr als 40 Fällen angeklagt, sagte Peters. Auch hier sind bis zu fünf Jahre Gefängnis möglich. Die Anwälte der beiden Angeklagten waren am Mittwoch nicht zu erreichen.
Den Fall hatte die Polizei Ende März bekannt gemacht. Wie es damals hieß, soll der Briefträger – er war damals ein befristet angestellter Mitarbeiter des Briefverteilzentrums der Deutschen Post in Stahnsdorf – mehr als 1000 Postsendungen unterschlagen haben. Allein dieser Fall habe die Statistikwerte bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten für Westbrandenburg signifikant steigen lassen, hieß es – im Vergleich zum Vorjahr gingen die Zahlen um knapp zehn Prozent auf 12 300 Fälle nach oben. Auslöser sei der Hinweis eines Nachbarn gewesen, der sich über die vielen gelben Postkisten in der Garage des Zustellers wunderte. Bei einer Hausdurchsuchung seien Laptops, Handys und weitere elektronische Geräte gefunden worden. Ein Teil des Diebesguts sei bereits verkauft worden, hieß es.
Die Post hatte erklärt, gegen den Mann werde zivilrechtlich vorgegangen. Zugleich habe es sich bei den meisten unterschlagenen Sendungen um Informations- und Werbepost gehandelt, so die Post. Die Polizei erklärte, ein Teil der Beute sei – soweit möglich – an die geschädigten Personen zurückgegeben worden.
Am Mittwoch musste sich am Amtsgericht eine weitere ehemalige Briefträgerin aus Potsdam verantworten. Allerdings: Die 124 Briefe, die die 29-Jährige im Sommer 2010 in ihrem Keller lagerte, haben ihre Empfänger noch erreicht – wenn auch mit monatelanger Verspätung. Gleichwohl war die Frau wegen der Unterdrückung postalischer Sendungen angeklagt. Das Amtsgericht stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage von 600 Euro ein.
Während der Verhandlung beteuerte die Angeklagte, sie sei nicht zu faul gewesen, die Briefe auszutragen. „Ich fühlte mich überfordert, mir ging es gesundheitlich nicht gut. Zudem bin ich damals gerade in eine neue Wohnung gezogen. Ich hätte die Briefe zurückbringen sollen.“ Stattdessen versteckte sie die Sendungen in ihrem Keller – bis die Sache aufflog.
Im Zuge der Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft der Frau angeboten, das Verfahren gegen die Zahlung von 1200 Euro aus der Welt zu schaffen. Später halbierte sich die Summe, weil die junge Frau nur wenig Geld besitzt – doch zunächst zahlte die Ex-Briefträgerin keinen einzigen Cent. So kam es zum Prozess. „Ich habe den Kopf in den Sand gesteckt. Eigentlich wollte ich zahlen, aber irgendwie kam immer etwas dazwischen.“ Erst kurz vor der Verhandlung habe sie das Geld überwiesen – die Staatsanwaltschaft monierte dies zwar, dennoch wurde das Verfahren eingestellt. Zu ihrer Zukunft sagte die Frau, sie wolle nun zur Bundeswehr. „Da darf man sich bestimmt nichts zuschulden kommen lassen.“
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