Homepage: Anleitung zum Verzicht
Institute für Kirchenrecht luden zum Vortrag über das Fasten ein
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Institute für Kirchenrecht luden zum Vortrag über das Fasten ein Regt sich der Frühling, meldet sich auch unser Körper intensiver. Und in vielen Menschen wächst das Gefühl, ihrem Körper etwas Gutes tun zu wollen. Ob religiös oder nicht – mit individuellem Fasten gönnt sich so mancher seinen „Frühjahrsputz für die Seele“. Chancen und Risiken dieser populären „Diät“-Form beleuchtete jüngst eine Informationsveranstaltung der beiden Institute für Kirchenrecht an der Uni Potsdam. Zu dem Abend rund ums Fasten hatten sie auch einen muslimischen Referenten aus Hamm und eine Wissenschaftlerin vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) eingeladen. Temporärer Verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel kann allgemeinen Gesundheitsmotivationen entspringen. Selbiger Verzicht, wenn auch eher aus spirituellen Überlegungen, hat große Bedeutung für Christen wie für Muslime. Den Christen, so Herbert Gillesen vom Erzbistum Berlin, diene das Fasten einerseits als „Ausdruck der Buße und Trauer“ – andererseits zur „heiligen Begegnung mit Gott“ und der Wahrnehmbarkeit der „Stimme des Herrn“. Eine jährliche Anleitung, so der Theologe Gillesen, gäbe es mit den „Weisungen zur Bußpraxis der Deutschen Bischofskonferenz“ – welche auch in den meisten katholischen Kirchen aushinge. Unter anderem wird dort den Gläubigen empfohlen, sich am Aschermittwoch und am Karfreitag auf eine „einmalige Sättigung (Fasten) zu beschränken und auf Fleischspeisen (Abstinenz) zu verzichten.“ Vergleichbare Anweisungen entnähmen die Muslime dem Koran, erklärte im Anschluss Muhammed Mertek, der Schriftsteller des bekannten Buches „Der Islam“. Das Fasten sei die vierte religiöse Pflicht der Muslime – und das während des gesamten Monats Ramadan. Vorgeschrieben ist dabei die Enthaltsamkeit von jeglichem Nahrungs- und Getränkegenuss vom Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang. Ramadan, der neunte Monat des islamischen Kalenders, hat 29 oder 30 Tage und wird mit Hilfe des islamischen Mondkalenders bestimmt. Jener hat zehn bis elf Tage weniger als der Sonnenkalender. „Infolgedessen verschiebt sich der Ramadan von Jahr zu Jahr und fällt im Verlauf der Jahre in die verschiedensten Jahreszeiten“, so der studierte Pädagoge Mertek, „mal in den Herbst, mal in den Winter, aber auch in den Frühling oder in den Sommer.“ Genau diese Rhythmusverschiebung kann aber unvorhergesehene Probleme schaffen: Einen heißen Sommertag etwa – mit rund 18 Stunden ohne Flüssigkeitszufuhr – hält die Ernährungsphysiologin Susanne Klaus vom DIfE der eigenen Gesundheit nicht gerade zuträglich. Eine vorübergehend eingeschränkte Aufnahme von fester Nahrung könne dem Körper dagegen sehr wohl tun, am optimalsten jedoch unter ärztlicher Aufsicht. Aus ernährungsphysiologischer Sicht beginnt das Fasten laut Susanne Klaus aber erst nach längerem intensiven Nahrungsentzug: Der Stoffwechsel stellt sich um, wird optimaler – und der Körper lernt mit weniger Energie auszukommen. So nimmt dann auch das legendäre Fasten des biblischen Moses über 40 Tage und Nächte hinweg realistische Züge an. „Wenn er ein durchschnittlich gut ernährter Mann war, dann hat er ungefähr sieben Kilogramm Fett und sieben Kilogramm Protein verloren, insgesamt also 14 Kilogramm Körpergewicht“, erläuterte die Potsdamer Forscherin. Doch Vorsicht ist bei derartigen „Übungen“ geboten. Denn kehrt der Fastende zur gewohnten Ernährungsweise zurück, normalisiert sich der Stoffwechsel entsprechend langsamer – was zum bekannten Jojo-Effekt führen kann: Das Köpergewicht steigert sich scheinbar schlagartig – und manchmal weit höher als vor der „Diät“. Doch ob nun beim katholischen Fasten und Meditieren, beim Ramadan der Muslime oder beim alternativen Heilfasten: Nahrung wird durch den Entzug wieder schätzen gelernt. Und das ist für manchen Zeitgenossen der verwöhnten Überschussgesellschaft eine ganz neue Erfahrung. Alexandra Esther
Alexandra Esther
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