Landeshauptstadt: Anonym durch die finanzielle Katastrophe Selbsthilfegruppe für Insolvenzler in Potsdam
Es ist im Grunde eine simple Rechenaufgabe. Wer dauerhaft mehr ausgibt als er einnimmt, der hat irgendwann nur noch Schulden.
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Es ist im Grunde eine simple Rechenaufgabe. Wer dauerhaft mehr ausgibt als er einnimmt, der hat irgendwann nur noch Schulden. Aktuell betrifft das 9,14 Prozent aller Potsdamer, etwa 14 700 Bürger, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Das ist leicht unter dem Bundesdurchschnitt von etwa zehn Prozent – laut aktuellem Schuldner-Atlas.
„Die meisten können nicht mehr rechnen. Finanzmathematik ist kompliziert“, sagt Mario Gust. Der Diplompsychologe und Betriebswirt aus Kleinmachnow betreut in Berlin Selbsthilfegruppen für Anonyme Insolvenzler. Nun hat er auch in Potsdam eine Gruppe gegründet. Für Menschen, die in dieser schwierigen Situation Hilfe suchen – vor allem aber Erfahrungsaustausch. „Das Wort Selbsterfahrungsgruppe ist mir deshalb lieber“, sagt Gust. Denn es sei für die Teilnehmer ungemein befreiend, zu erleben, dass sie nicht die einzigen sind, denen es so ergangen ist. Diese Erfahrung sei wichtig, um aus der Opferrolle rauszufinden und Kraft für einen Neubeginn zu sammeln.
Weil die Treffen der Anonymen Insolvenzler in Berlin gut nachgefragt sind, auch von Menschen aus dem Umland, ist eine Anlaufstelle in Potsdam wichtig. Am kommenden Donnerstag findet das nächste Treffen statt. Nur wenige Meter entfernt vom geschäftigen Weihnachtsmarkt mit Budenzauber und Glühweinduft kommen in der Lindenstraße Menschen zusammen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen in eine finanzielle Katastrophe geraten sind – bei Weitem nicht nur, weil sie ungeschickt mit Geld umgegangen sind. Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung oder Tod des Partners sind in 50 Prozent der Fälle Gründe für eine Insolvenz, sagt Gust, auch Fälle von Altersarmut nehmen drastisch zu.
In den Gruppen wird die Schuldfrage nicht gestellt. Hier sagt auch niemand seinen Namen – aber jeder kommt zu Wort. Solche Gruppen leisten wichtige psychologische Betreuung, die ein Schuldnerberater oder Insolvenzverwalter nicht bietet. „Den bekommen sie vom Gericht einfach zugewiesen und sind dann einer von 3000 Fällen, die er betreut. Das ist Massenabfertigung“, sagt Gust.S. Pyanoe
Die Anonymen Insolvenzler treffen sich am 17. Dezember um 19 Uhr. Unbedingt anmelden unter potsdam@anonyme-insolvenzler.de oder Telefon: (033203) 72531
S. Pyanoe
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