Landeshauptstadt: Anrainer halten Kongsnaes-Verkauf für unwirksam
Rechtsanwalt der Projekt-Gegner sieht schwere Versäumnisse der Stadt bei Genehmigung und Kaufvertrag
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Berliner Vorstadt - Im Fall Kongsnaes erheben die Anrainer der Schwanenallee, die sich zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen haben, schwere Vorwürfe gegen die Stadt Potsdam. Sie halten die Baugenehmigung für die Ventehalle der Kaiserliche Matrosenstation als auch den mit Investor Michael Linckersdorff geschlossenen Kaufvertrag für rechtswidrig. Das geht aus einer Klageschrift des Rechtsanwalts der Initiative, Reiner Geulen, an das Potsdamer Verwaltungsgericht hervor. Dort haben die drei direkten Nachbarn Klage gegen die Baugenehmigung eingereicht; noch gibt es dazu keine Entscheidung.
Der renommierte Verwaltungsrechtler Geulen, der im Bombodrom-Prozess die Bundeswehr bezwang und den ersten Griebnitzsee-Bebauungsplan der Potsdamer Stadtverwaltung vor Gericht kippte, führt in einem Schriftsatz zum Fall Kongsnaes an, dass schon der Verkauf der Matrosenstation an Linckersdorff im April 2009 für eine Million Euro nicht rechtmäßig gewesen sei. Der Kaufvertrag verstoße gegen das zwingende Gebot eines öffentlichen Vergabeverfahrens, so Geulen. Die Matrosenstation in bester Lage am Jungfernsee nahe der Glienicker Brücke hatte die Stadt Potsdam ausgeschrieben, die Stadtverordneten stimmten dem Verkauf an Linckersdorff zu. Ein offizielles Vergabeverfahren gab es nicht. Dieses wäre nötig gewesen, meint Geulen als Anwalt der Gegner der Linckersdorff-Pläne. Während bei reinen Grundstücksverkäufen eine Ausschreibung ausreichend und legitim sei, müsse es bei der Verbindung eines Grundstücksverkaufs mit einem Bauvorhaben ein Vergabeverfahren geben.
Darüber hinaus hält Geulen die erteilte Baugenehmigung für den Bau der Ventehalle am Seeufer für rechtswidrig – die Stadt habe dabei die Anwohner nicht vorschriftsmäßig beteiligt und keinen Bebauungsplan aufgestellt. Das Genehmigungsverfahren sei in einer Art Geheimverfahren in der Sommerpause gelaufen, wirft Geulen der Verwaltung vor. Schriftliche Hinweise von städtischen Sachbearbeitern darauf, dass die Nachbarn beteiligt werden müssten, seien in der Bauverwaltung übergangen worden.
Die Baugenehmigungen für den Wiederaufbau der historischen Ventehalle mit Küchenanbau und die Sanierung der Matrosenstation mit drei Gebäuden hatte die Verwaltung nach sieben Wochen Bearbeitungszeit erteilt – im Potsdamer Vergleich ein sehr kurzer Zeitraum. Anwalt Geulen führt auf, dass im Genehmigungsverfahren weder mögliche Lärmimmissionen durch den Gaststättenbetrieb eine Rolle gespielt hätten, noch ein Verkehrskonzept für die nur vier Meter breite, als Spielstraße ausgewiesene Schwanenallee vorgelegt worden sei. Dies wäre jedoch zwingend, weil sich die Matrosenstation mitten im Wohngebiet an der Schwanenallee befinde und sich „aufgrund der Regelwerke für den gesamten Restaurantbetrieb Ventehalle einschließlich der Außenanlagen eine Besucherzahl von rund 240 bis über 400“ ergebe, so Geulen. Außerdem sei ein Außenausschank zugelassen.
Dieser Behauptung stehen die Auskünfte von Stadtverwaltung und Investor Linckersdorff aus dem jüngsten Hauptausschuss des Stadtparlaments entgegen. Genehmigt sind laut Linckersdorff in der Ventehalle innen 60 Restaurant-Plätze, auf der verglasten Veranda 32 Plätze und im Biergarten außen 30 Plätze. In der Bootshalle sind laut Bauverwaltung weitere 110 Plätze genehmigt. Diese dürften jedoch nur von Vereinen für kulturelle Zwecke genutzt werden; eine Vermietung oder gewerbliche Nutzung wäre illegal. Linckersdorff hatte im Hauptausschuss angekündigt, sein Vorhaben abzuspecken – der Hafen soll nun drei statt vier Stege haben, alle sollen in ihrer Länge reduziert werden. Genehmigt ist diese verringerte Hafen-Variante nicht. Er wolle den Hafen bauen, weil dies im Kaufvertrag vorgeschrieben sei, sagte Linckersdorff vor dem Ausschuss. Die Stadtspitze bestätigte dies und räumte ein, dass der Vertrag nicht definiere, auf welches Erbauungsjahr sich der Begriff „historischer Hafen“ beziehe. Dies soll jetzt erforscht werden.
Die Anrainer werfen Linckersdorff über ihren Anwalt Geulen vor, sie und die Öffentlichkeit seien über dessen „Nutzungsabsichten“ getäuscht worden. Das nunmehr bekannt gewordene Konzept würde aus dem Uferbereich einen „wilhelminischen Rummelplatz“ machen, so Geulen. Er unterstellt Linckersdorff zudem Spekulationsabsichten. Diesen Vorwurf hatte Linckersdorff klar zurückgewiesen: Er wolle Kongsnaes nicht wieder verkaufen, sondern selbst in ein Haus der Matrosenstation einziehen. S. Schicketanz
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