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Homepage: Anstieg des Meeresspiegels dramatisch beschleunigt

Potsdamer Klimaforscher: Meeresspiegel steigt 60 Prozent schneller als bislang vom Weltklimarat angenommen

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Potsdamer Klimaforscher schlagen pünktlich zur Weltklimakonferenz in Doha einmal mehr Alarm: Der Meeresspiegel sei schneller angestiegen als von Klimamodellen vorhergesagt. Er klettere derzeit um 60 Prozent schneller als Wissenschaftler noch vor einigen Jahren berechnet hatten. Das geht aus einer Studie hervor, die jetzt im Fachjournal Environmental Research Letters veröffentlicht wurde. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und seine Kollegen vergleichen darin für den Zeitraum zwischen 1990 und 2011 Projektionen mit tatsächlichen Messdaten. Der Anstieg des Meeresspiegels hat potenzielle Auswirkungen für Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, von Küstenregionen bis hin zu Megastädten wie Tokio.

Während die globale Mitteltemperatur in den letzten Dekaden in einer Geschwindigkeit zugenommen habe, die mit den Projektionen des Weltklimarates IPCC übereinstimmt, sei der Meeresspiegel viel schneller angestiegen. Den zuvor vom IPCC angenommene Temperaturanstieg um 0,16 Grad pro Jahrzehnt hätten die aktuellen Messungen bestätigt. Erst in der vergangenen Woche hatte das PIK eine Studie vorgelegt, wonach die globale Mitteltemperatur in diesem Jahrhundert um bis zu vier Grad ansteigen könnte. Ein Anstieg, der weit über dem als gerade noch beherrschbar geltenden Zwei-Grad-Ziel der Klimapolitik liegen würde.

Der Anstieg des Meeresspiegels liege derzeit nicht wie angenommen bei 2, sondern bei 3,2 Millimeter pro Jahr. Das geht nach Angaben der Forscher aus aktuellen Satellitenmessungen hervor. Der Sachstandsbericht des IPCC von 2007 ging noch von einem jährlichen Anstieg um höchstens zwei Millimeter aus. Dass nur ein vorübergehender Eisverlust von den Eisschilden Grönlands, der Antarktis oder andere interne Schwankungen im Klimasystem für den beschleunigten Meeresspiegelanstieg verantwortlich sind, halten die Wissenschaftler für unwahrscheinlich. „Die Anstiegsrate des Meeresspiegels korreliert eng mit der Zunahme der globalen Mitteltemperatur“, heißt es in der Studie.

Die PIK-Forscher halten den schnelleren Anstieg des Meeresspiegels für einen Hinweis, dass auch für die Zukunft die Berechnungen vom IPCC zu niedrig sein könnten. Was von großer Bedeutung wäre, schließlich basieren viele politische Entscheidungen auf den IPCC-Zahlen. Daher sei es nun wichtig, die Berechnungen von damals mit Messungen von heute zu vergleichen und zu aktualisieren.

Um einen möglichst genauen Vergleich zu ermöglichen, wurden von den Forschern dabei auch kurzfristige Temperaturschwankungen durch das El-Niño-Phänomen, Schwankungen in der Sonnenintensität und Vulkanausbrüche berücksichtigt. Die Ergebnisse würden nun bestätigen, dass die in den 1960er und 1970er Jahren von Wissenschaftlern als Konsequenz steigender Treibhausgaskonzentration prognostizierte Erderwärmung sich mit einer unverminderten Geschwindigkeit von 0,16 Grad Celsius pro Dekade fortsetze. Das wiederum entspreche den Vorhersagen des IPCC.

„Die neuen Erkenntnisse unterstreichen, dass der IPCC keineswegs alarmistisch ist, sondern in einigen Fällen sogar die Klimarisiken unterschätzt hat“, so Stefan Rahmstorf. Im Unterschied zur Physik der globalen Erwärmung sei der Meeresspiegelanstieg deutlich komplexer. „Es ist wichtig, immer wieder zu prüfen, wie gut frühere Prognosen mit dem seither beobachteten tatsächlichen Verlauf übereinstimmen, um künftige Projektionen zu verbessern.“ Jan Kixmüller

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