Von Henner Mallwitz: Anstrengender Generationswechsel
Doppel-Olympiasieger Robert Bartko startet bei den Bahnrad-WM in Polen mit einer „jungen Garde“ und hat sich eine Medaille vorgenommen
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Zweimal konnte er in den vergangenen beiden Tagen die Bahn schon ausführlich testen – am Donnerstag steigt Robert Bartko dann ins Geschehen ein. Im polnischen Pruszkow ertönt morgen der Startschuss zu den Bahn-Weltmeisterschaften, die bis Sonntag dauern werden. Der Potsdamer führt das 21-köpfige Aufgebot des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) an und wird in der BGZ Arena ausschließlich in der Einerverfolgung starten.
Neben dem Doppel-Olympiasieger hat Bundestrainer Andreas Petermann aus Leipzig vor allem deutlich jüngere Leute nominiert und hält so mit den anderen Nationen Schritt. „Der Generationswechsel in unserem Sport ist ganz deutlich zu spüren“, sagt Bartko. „Ich habe bei den Weltcups und anderen internationalen Wettkämpfen im Winter deutlich gespürt, dass es härter geworden ist“, gesteht der 33-Jährige ein. „Für die Fans ist das natürlich eine interessante Sache. Für uns alte Hasen wird es jedoch immer anstrengender.“
Das soll jedoch nicht heißen, dass er als „alter Hase“ die Flinte ins Korn wirft. Exakt vor zehn Jahren erkämpfte sich Bartko seinen ersten WM-Titel, dem zwei weitere und ein Vizemeistertitel folgten. „Dass das schon wieder so lange her ist, war mir ehrlich gesagt entfallen“, meint er. „Umso schöner wäre es natürlich, jetzt einen Jubiläumstitel zu holen.“ Darauf hat es der Radprofi jedoch nicht in erster Linie abgesehen, denn er weiß in Anbetracht der vielen jungen, hungrigen Fahrer um die Schwere dieses Unterfangens. Von einer „minimalen Medaillenchance“ spricht er: „Die Weltspitze ist sehr eng zusammengerückt.“
Nach seinem Sieg beim Sechstagerennen in Berlin, den er gemeinsam mit Erik Zabel bei dessen letztem Auftritt feierte, reichte dem Potsdamer ein sechster Platz beim Weltcup in Kopenhagen zur WM-Qualifikation. Auf das Highlight des Jahres konnte sich Bartko allerdings nicht ausgiebig vorbereiten. „In Südafrika habe ich an zwei Rundfahrten teilgenommen, bin dann aber krank geworden“, erzählt er. „Eine Mandelentzündung hat mich zurückgeworfen, ich musste Antibiotika nehmen und konnte deshalb nicht wie geplant in Frankfurt/Oder auf der Bahn trainieren.“
Diese Möglichkeit bietet sich dem Routinier seit Samstag in Polen, und mit der dortigen Bahn zeigte er sich „absolut zufrieden“. Die Bahn wurde erst im vergangenen Jahr zur U 23-Europameisterschaft eingeweiht. „Da wurden sehr flotte Zeiten gefahren“, weiß Bartko. „Das wird also eine ziemliche Herausforderung.“ Auf neue Rad-Technik setzt der Profi bei der WM allerdings nicht, sondern bleibt seinem alten Gefährt treu.
Wichtiger als Hightech ist Bartko, der seit nunmehr 16 Jahren zur Weltspitze im Ausdauerbereich des Bahnradsports zählt, dass er vor seinem WM-Start abschalten kann; er schiebt sportpolitische Querelen deshalb beiseite. Zuletzt äußerte er gemeinsam mit Radprofi-Größen wie Cross-Weltmeisterin Hanka Kupfernagel, Mountainbike-Olympiasiegerin Sabine Spitz und Ex-Weltmeister und Trainer Mike Kluge im Vorfeld der Präsidiumswahl des BDR heftige Kritik an der derzeitigen Führungsspitze. „Die Außendarstellung des Radsports hat erheblich gelitten durch die bekannten Doping-Probleme und wie mit ihnen durch den BDR umgegangen wird“, sagte Bartko und schoss sich dabei besonders auf Bremer, bis zum Renteneintritt beim BDR in Amt und Würden, ein. „Es geht gar nicht so sehr um die Personalie Rudolf Scharping. Es ist vielmehr Bremer, von dem sich Scharping ein bisschen abhängig gemacht hat, nachdem er dessen Vertrag vor Beginn der Spiele in Peking verlängerte. Dafür ist Scharping hundert Prozent verantwortlich. Bei Bremer zählt nicht das Leistungsprinzip, sondern er führt persönliche Feldzüge. Kommunikation findet nicht statt. Die meisten BDR-Topathleten haben mit ihm Schwierigkeiten.“
Scharping & Co. wurden am Samstag für vier weitere Jahre im Amt bestätigt. „Dazu sage ich nichts“, meinte Bartko gestern. „Ich konzentriere mich jetzt allein auf meinen Wettkampf. Und da werde ich mein Bestes geben und vielleicht sogar eine Medaille holen.“mit dpa
Henner Mallwitz
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