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Landeshauptstadt: Antike Villa blieb ein Traum

Lediglich das Hippodrom zwischen Charlottenhof und Fasanerie erinnert an das Vorhaben

Stand:

Zwischen Schloss Charlottenhof und der Fasanerie liegt das einer antiken Pferderennbahn nachgeformte Hippodrom mit einem Stibadium an der Nordseite. Seit 1962 war es der Verbannungsort für Rauchs berühmtes Reiterdenkmal Friedrichs des Großen, das dann aber mit der in der DDR einsetzenden Preußenrenaissance 1980 an seinen Stammplatz Unter den Linden in Berlin zurückkehrte. Anschließend erhielt die Anlage ihre ursprüngliche Gestalt zurück.

Wer heute den stillen Parkbereich durchwandert, ahnt nicht, dass das Hippodrom den einzig verwirklichten Teil eines der zahlreichen Luftschlösser Friedrich Wilhelms IV. darstellt: der so genannten Antiken Villa.

Weihnachten 1925 hatte er als Kronprinz von seinem Vater das nach dem Vornamen der vormaligen Besitzerin Charlotte von Gentzkow benannte Gut Charlottenhof zum Geschenk erhalten. 1826 bis 1829 ließ er durch Karl Friedrich Schinkel deren Landhaus zum Sommerschlösschen umformen und erweitern. Gleichzeitig setzten die Planungen für die Gestaltung des Umfeldes ein. 1826 wurden die alten Wirtschaftsgebäude abgerissen. Peter Joseph Lenné verlieh dem sumpfigen Gelände durch Bodenmodellierung, Anpflanzungen und die Wegeführung ein völlig neues Bild. Westlich des Schlosses war zunächst eine Orangerie mit einem „Sallon“ in der Mitte vorgesehen. Auch dazu hatte der Kronprinz zwischen 1829 und 1831 Skizzen angefertigt, die von Schinkel umgesetzt wurden. Unmittelbar danach muss Friedrich Wilhelm wohl auf die Idee einer antiken Villa verfallen sein, denn schon 1833 musste der Baumeister dafür einen Entwurf vorlegen.

Gegenüber dem von Spöttern „romantische Puppenstube“ genannten Schloss Charlottenhof wäre diese Villa weitaus größer und repräsentativer ausgefallen. Sie folgte Beschreibungen des altrömischen Beamten, Diplomaten und Schriftstellers Plinius d. J. (61 bis 113), dessen Briefe erhalten geblieben und in neun Bänden veröffentlicht worden waren. Sie dienten im 19. Jahrhundert zahlreichen Bauherren und Architekten als Anregung. Außerdem bezog der Kronprinz in seine Ideenskizzen Reiseeindrücke au Italien ein, so von der Villa Albani. Mit Perystil (Säulenhof), Halle, Atrium (Hauptraum), Tablinum (Empfangs- und Wohnraum), Fauces (Eingang) und anderen für antike Nobelvillen typischen Räumen wäre es ein echtes „Traumhaus“ geworden. Karl Friedrich Schinkel, der mit den Entwürfen betraut wurde, tat ein Übriges hinzu. Er wollte den Bau nicht wie in der Antike üblich auf einer Ebene belassen, sondern die Seitenflügel höhenversetzt anordnen. Außerdem plante er zusätzlich kuppelüberwölbte, quadratische Nebenräume. So hätte die Villa reizvolle Überschneidungen, Staffelungen und Durchblicke gewonnen. Der Denkmalpfleger und Potsdamer Ehrenbürger Prof. Friedrich Mielke – er feiert heute seinen 85 Geburtstag – geht davon aus, dass das Haus vor allem der Repräsentation, königlichen Empfängen und Gesellschaften dienen sollte.

Der Plan blieb unausgeführt, doch 1836/37 überraschte der Kronprinz Schinkel mit einem neuen Entwurf. Wie für ihn typisch, sollte die antike Villa nun noch größer, noch prächtiger werden. Darin lag wie bei vielen anderen Vorhaben des „Romantikers auf dem Thron“ der Keim zum „Luftschloss“. Schinkel war klar, dass das zur Verfügung stehende Gelände für das erweiterte Raumprogramm keineswegs ausreichte. Außerdem hätte der Kronprinz die Finanzierung nicht sichern können. Lediglich das Hippodrom, das die geringsten Kosten verursachte, wurde angelegt. Als der Kronprinz 1840 den Thron bestiegen hatte, kam er überraschend nicht mehr auf die Antike Villa zurück. Selbst die ursprünglich geplante Orangerie wurde nicht gebaut. Friedrich Wilhelm IV. wandte sich stattdessen dem gigantischen Projekt einer Triumphstraße auf den Höhen nördlich Sanssoucis zu, mit der er vornehmlich seinen großen Vorgänger König Friedrich II. ehren wollte. Dort entstand als einer der wenigen ausgeführten Bauten dann auch die Große Orangerie.

Die Ideen für die Antike Villa gingen dennoch nicht gänzlich verloren. In den 1840 fertig gestellten Römischen Bädern fanden die Schinkelschen Entwürfe für das Atrium, das Tablinum mit dem Mosaik der Alexanderschlacht und andere Räume ihre Verwirklichung.

Wer einen bisher nicht verwirklichten Architektur-Entwurf für die PNN-Serie „Luftschlösser“ vorschlagen möchte, meldet sich unter Tel.: (0331) 2376 134, Fax: (0331) 23 76 300 oder per E-mail an lokales.pnn@pnn.de.

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