Landeshauptstadt: Antrommler im Drachenkahn
PNN-Leser paddelten gestern bei einer „H2O-lala“-Sommeraktion über die Havel bis zum Strandbad Templin – und erlebten dort eine Übung der Wasserwacht
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„Eins Zwei Drei“, ruft Konstantin Wien mit heller Stimme. Seine schlanken Ärmchen halten einen genauso dicken Stab, den er rhythmisch auf die Trommel vor sich schlägt. „Eins Zwei Drei“. Der Neunjährige ist an diesem sonnigen Sonntagvormittag einer der beiden wichtigsten Akteure auf dem Drachenboot, in dem PNN-Leser die Havel und die Potsdamer Seen rudernd vom Wasser aus erkunden: Eine der „H2O-lala“-Sommeraktionen diesen Jahres.
Der zweite wichtige Mann an Bord ist einige Semester älter als Konstantin: Olaf Reppich, stellvertretender Vorsitzender des Vereins Preussen-Kanu im OSC Potsdam Luftschiffhafen e.V., übernimmt von hinten die Steuerung des Drachenboots, gibt Hinweise für möglichst koordiniertes und geradliniges Paddeln: „Die Abstimmung untereinander ist am Wichtigsten, gerade wenn so viele in einem Boot sitzen.“ Insgesamt haben 22 Personen ein Paddel in der Hand. Eintauchen Platsch Durchziehen Und das Paddel im Takt wieder aus dem Wasser heraus. „Eins Zwei Drei“, kräht Konstantin fröhlich und schlägt die Trommel.
Das gleichmäßige Rudern ist auch deswegen wichtig, damit das Boot nicht in Schieflage kommt und kentert. Dass in solch einem Fall allerdings auch Hilfe vor Ort nicht weit ist, zeigt das Team von Dennis Rudolph. Er ist Ausbildungsleiter beim Potsdamer Kreisverband der Wasserwacht des DeutschenRoten Kreuzes und wartet mit mehreren Kollegen am Strandbad Templin. Dort ist Halbzeitpause für die Ruderer, während der die Wasserwächter eine Übung demonstrieren. Fragestellung: Was passiert, wenn ein Segler mitten auf dem See umkippt und einer der Bootsleute sich dabei so verletzt, dass er nicht mehr schwimmen kann?! Mit einem Testboot simulieren die DRK-Helfer den Ernstfall. Während ein Rettungsschwimmer sofort ins Wasser springt, nähert sich von der anderen Seite ein Boot mit Blaulicht. „Wichtig ist, dass sich der Rettungsschwimmer nicht selbst in Gefahr bringt, etwa wenn die andere Person panisch um sich schlägt und ihn herunter zu ziehen droht“, sagt Rudolph. In so einem Fall sei es durchaus angebracht, erst zu warten, bis der andere Mensch fast schon versinke, weil sich dann beispielsweise Krämpfe schon wieder gelöst hätten. „Hier ist der Boden sehr matschig, aber im richtigen Leben müssen die Jungs das ja auch hinbekommen“, sagt Rudolph, während eines der „Opfer“ aus dem Wasser gehieft wird.
Ist der Verletzte erst einmal an Land, schlägt die Stunde von Helfern wie Michael Meister und Michael Breuer. An einer Puppe demonstrieren sie, was sie etwa bei Herzstillstand tun können: 30 Mal drücken und zweimal beatmen. „Früher hat man schon nach 15 Herzdruckmassagen zwei Beatmungen gefordert, dies ist heute allerdings nicht mehr so“, sagt Breuer. Der Grund: Das Pumpen wurde dabei zu lange und zu oft unterbrochen. Reicht allerdings die Herzmassage nicht mehr, kommt die Technik in Spiel: der Defibrillator. Solche Geräte gäbe es an jedem der Potsdamer Strandbäder, so Breuer. Durch gezielte Stromstöße können damit Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern beendet werden. Um den Helfern die Bedienung zu vereinfachen, spricht es mit einer angenehm weiblichen Stimme: „Patienten nicht berühren Herzrhythmus wird analysiert Schock erforderlich Schocktaste drücken “ Es piept, klackt. Dann wieder die Stimme: „Schock wurde abgegeben Patient darf wieder berührt werden.“
Konstantin sieht nach der Vorführung beeindruckt aus: „Kann ich das auch lernen?“ Ja, sagt Dennis Rudolph. Zum Beispiel veranstalte die Wasserwacht so genannte Kinderwochenenden in den Strandbädern, bei denen Tätigkeiten eines Rettungsschwimmers gezeigt werden. „Wir brauchen immer Nachwuchs.“ Die Arbeit ist ehrenamtlich. Und sie sei für junge Leute auch interessant, fügt Rudolph hinzu – gerade wegen des Tauchens oder des Bootfahrens.
Junge Leute sind auch bei Preußen-Kanu gern gesehen. Der Verein habe eine sehr erfolgreiche Jugendabteilung, sagt Olaf Reppich. So konnte das Jugendteam bei den Drachenboot-Weltmeisterschaften für Clubteams im Juni drei Silbermedaillen mit nach Hause nehmen. Und demnächst stehen weitere Wettkämpfe an, etwa die Deutschen Drachenboot-Meisterschaften. Ebenso sei es aber auch möglich, ohne Vereinsbindung solche Boote auszuleihen, sagt Reppich: „Eine Kanutour durch die wunderschöne Landschaft um Potsdam ist ein toller Erlebnis.“ Und so lässt er es sich nicht nehmen, auch während der Fahrt immer wieder auf einzelne Stellen hinzuweisen: Vorbei ziehen das Seminaris-Hotel, der Campingplatz, später auch Hermannswerder. „Vom Wasser aus hat man einen ganz anderen Blick auf Potsdam.“
Und Konstantin trommelt weiter. Manche witzeln schon und zählen laut absichtlich falsch: „Vier Sieben Neun “ Doch irgendwann wird auch Konstantin müde: Am Ende – drei Stunden nach Tourbeginn – hört er auf zu trommeln. Und wird dann doch wieder wach, als er einen Ball im Wasser treiben sieht. Da fährt das Drachenboot noch einen Umweg, inzwischen fast synchron schneiden die Ruder ins Wasser hinein. Mit dieser Mannschaft, so scheint es in diesem Augenblick, hätte die PNN bei den Wasserspielen tags zuvor gewonnen.
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