Landeshauptstadt: App in die Tropenhalle Handyführer: Barrierefrei durch die Biosphäre
Die Luft in der Biosphäre ist dick. Joachim Lange steht vor einem tropischen Teich und tippt auf einem iPhone.
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Die Luft in der Biosphäre ist dick. Joachim Lange steht vor einem tropischen Teich und tippt auf einem iPhone. Ein Video öffnet sich, eine Stimme berichtet über Koi-Karpfen und Froscharten. Auf dem Display gestikuliert eine Frau in Gebärdensprache. Joachim Lange ist gehörlos. Die Potsdamer Firma Yopegu, die erst unlängst ihre barrierefreie Stadtführungs-App für das iPhone vorstellte (PNN berichteten), hat nun eine Tour durch die Tropenhalle im Bornstedter Feld ins Programm genommen.
„Die App bietet eine gute Möglichkeit, die Biosphäre jederzeit alleine besuchen zu können“, freut sich Joachim Lange, der im Vorstand des Gehörlosenverbandes Potsdam sitzt. Er testete das Mini-Programm gemeinsam mit anderen Gehörlosen gemeinsam. Ein Schild am Eingang der Halle weist auf das neue Angebot hin. Besucher können die App ohne zusätzliche Kosten herunterladen. Beim Rundgang kennzeichnen grüne Bodenmarken die Stationen, an denen der Besucher per Klick die wichtigsten Informationen bekommt.
Die Texte werden von Gehörlosen gestikuliert und sind mit Text unterlegt. „Das ist ein wesentlicher Vorteil, da Personen, die selbst gehörlos sind, von Gehörlosen viel besser verstanden werden“, sagt Tobias Dombrowski von Yopegu. Die Gehörlosen Joachim Lange und Karin Lehmann sind begeistert. Sehen sei für Gehörlose das, was Hören für Hörende ist. Genau wie Hörende lieber einen Audioguide hören als lange Texte zu lesen, sei es für Gehörlose leichter, jemanden in der Gebärdensprache zuzuschauen.
Joachim Lange wünscht sich die App auch für andere Potsdamer Sehenswürdigkeiten. Das will Yopegu in den nächsten Jahren einrichten. Nachdem das Unternehmen zu Anfang mit der Idee auf die einzelnen Institutionen zugegangen ist, gebe es mittlerweile Interessenten, die sich von selbst melden. Für den Herbst seien erste Projekte in Berlin geplant.
Die Idee zur Entwicklung der App kam von einer Kollegin, deren Eltern gehörlos sind, erklären die Jungunternehmer. Ihr sei die Inklusion von Hörenden und Gehörlosen besonders wichtig gewesen.
Smartphones wie das iPhone sind nicht nur bei den Hörenden populär. Für junge Gehörlose sind Smartphones die Kommunikationsmöglichkeit schlechthin, sagt Gebärdendolmetscherin Alexandra Lewin: „Smartphones und soziale Netzwerke sind das perfekte Mittel für Gehörlose, Sprachbarrieren zu überwinden.“ Ein eigenes iPhone haben Karin Lehmann und Joachim Lange noch nicht. „Ich leihe mir das immer von meiner Tochter“, sagt Karin Lehmann. Und Joachim Lange will sich demnächst eins kaufen. Johannes Keller/Sonja Radtke
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