Entwicklung von Krampnitz: Arbeiten gegen den Verfall
Im Ringen um die Kasernen in Krampnitz schlägt der städtische Entwicklungsträger schärfere Töne gegen die Käufer des Areals an
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Krampnitz - Einige Löcher im Dach sind bereits mit Brettern gesichert, der Schutt aus manchen Fluren gekehrt, viele Fenster zugemauert: Im denkmalgeschützten Fähnrichsheim im künftigen Stadtviertel Krampnitz finden erstmals seit Jahren Sicherungsarbeiten statt, um den Verfall zu stoppen. Das belegen aktuelle Fotos aus dem maroden Gebäude, die den PNN vorliegen. Auf den Bildern sind auch etwa ein Dutzend Bauarbeiter zu sehen.
Auftraggeber für die Maßnahmen ist die private TG Potsdam-Gesellschaft – die das frühere Kasernengelände vor Jahren unter dubiosen Umständen erworben hat und juristisch gegen den Plan der Stadtverwaltung vorgeht, Krampnitz in Eigenregie zu einem Vorzeigestadtteil für bis zu 3800 Bewohner zu entwickeln. Parallel laufen – einem gerichtlichen Auftrag folgend – Vergleichsverhandlungen mit der Stadt und ihrem kommunalen Entwicklungsträger für Krampnitz, einer Tochter der Bauholding Pro Potsdam.
Nebenbei hatte die kommunale Baubehörde im vergangenen Sommer gegen die TG Verfügungen erlassen, die aus Sicht des Denkmalschutzes wertvollsten Gebäude endlich gegen Wind, Wetter und Vandalismus zu schützen. Damals – von einem Vergleich war noch nicht die Rede – hatte die TG gedroht, juristisch gegen die Anordnungen und das damit drohende Zwangsgeld vorzugehen. Jetzt sagte ihr Anwalt Karl-Josef Stöhr auf PNN-Anfrage: „Es wurden Sicherungsmaßnahmen begonnen, wir sind um der Sache willen in Vorleistung gegangen.“ Allerdings sei für Maßnahmen noch kein Vertrag mit der Stadt abgeschlossen worden, so Stöhr – darüber werde verhandelt. Das bestätigte auch die Pro Potsdam auf Anfrage – die TG habe ein ihr vorliegendes Vertragsangebot leider noch nicht angenommen. Pro-Potsdam-Chef Bert Nicke erinnerte daran, dass das Unternehmen „schon viel Energie und Arbeit“ investiert habe, um die wertvolle Bausubstanz zu schützen. Daher sei es „bitter, dass die Sicherungsmaßnahmen erst jetzt umgesetzt werden.“
Details oder einen Zeitplan für die Arbeiten nannte TG-Jurist Stöhr nicht. Auf den Bildern aus dem Fähnrichheim ist zu sehen, dass viele Fenster mit Lochsteinen geschlossen wurden, die auch eine Lüftung ermöglichen, um Pilz- und Schimmelbefall abzuwehren. Außerdem sind einige einsturzgefährdete Bereiche im Dach- und Deckenbereich mit Stützkonstruktionen aus Holz abgesichert worden. Flure des Fähnrichsheims, die vor Monaten noch voller Schutt waren, sind inzwischen grob besenrein. Das Gebäude war früher zentraler Treffpunkt von Unteroffizieren – seit es leer steht, wird es auch als illegale Partystätte genutzt. In einem der großen Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss hängt noch ein Schild mit Getränkepreisen einer Tanzveranstaltung. In den meisten Zimmern sind Graffitis an die Wände geschmiert. So soll das Gebäude auch gegen illegale Besucher gesichert werden – wie auch das Krampnitzer Torhaus, ein Stabsgebäude und das Offizierskasino. Dort seien noch keine Arbeiten zu beobachten, hieß es.
Es geht um viel Geld. Denn die Millioneninvestitionen in die Ex-Kaserne sollen auch über steuerlich einträgliche Abschreibungen bei der Sanierung von Denkmalen refinanziert werden – doch dieser Plan scheitert, wenn die Häuser so marode sind, dass nur der Abriss bleibt.
Zugleich laufen die Vergleichsverhandlungen zwischen Stadt und TG über einen neuen städtebaulichen Vertrag zu gemeinsamen Investitionen in dem geplanten Stadtviertel. Diese sollen sich nach PNN-Informationen insofern schwierig gestalten, als dass die TG weitreichende Forderungen stellt, möglichst viel von dem Areal zu entwickeln – jedenfalls deutlich mehr, als die Stadt ihr angeboten hat. Dazu sagte Jurist Stöhr, über den Stand der Verhandlungen sei Stillschweigen vereinbart worden: „Wir hoffen, dass die Gespräche zeitnah abgeschlossen werden können.“ Auch der Entwicklungsträger der Pro Potsdam äußerte sich nicht zu den Verhandlungen. Man informiere aber Aufsichtsrat, Stadtspitze sowie das Finanzministerium des Landes regelmäßig über den aktuellen Stand der Dinge. „Im Sinne der Sache erwarten wir von den Verhandlungen, dass alle Parteien aufeinander zugehen“, sagte Nicke. Zum Schutz der Gebäude sei Kompromissbereitschaft gefragt. Sollte keine Einigung zustande kommen, hatte die Stadtspitze auch eine Enteignung erwogen.
Allerdings ist die Position der TG in den Verhandlungen insofern geschwächt, als dass das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) zuletzt der Stadt recht gegeben hatte, dass ein 2008 mit der TG abgeschlossener städtebaulicher Vertrag unwirksam sei. 2010 hatte sich herausgestellt, dass sich hinter der TG Potsdam nicht wie angenommen die renommierte Thylander- Gruppe, sondern ein undurchsichtiges Firmengeflecht verbarg. Das stellte auch das OVG fest: Die Täuschung der TG gegenüber der Stadt sei „ursächlich“ für den späteren Vertragsabschluss gewesen. Die Enthüllungen zum Verkauf der Landesimmobilie in Krampnitz – die TG hatte rund vier Millionen Euro gezahlt, nach einem Gutachten der Staatsanwaltschaft war die Immobilie aber rund 9,7 Millionen Euro wert – zogen einen Untersuchungsausschuss nach sich. Eine versprochene Entwicklung zum Wohngebiet fand nicht statt. In der Folge wollte die Stadt das mehrere Hundert Millionen Euro schwere Projekt in Eigenregie mit Hilfe anderer Investoren stemmen – und auch das Land den einstigen Verkauf rückabwickeln. Gegen Letzteres klagt die TG. Zumindest in diesem Fall hatte wiederum das Oberlandesgericht Berlin-Brandenburg (OLG) wie berichtet Zweifel am Vorgehen des Finanzministeriums geäußert, diesen Teil des Streits schien die TG zu gewinnen. Zudem hatte sich die TG zuletzt unter einem neuen Eigner, dem Leipziger Baulöwen Oliver Bechstedt, kompromissbereit gegeben – wie jetzt auch die Sicherungsmaßnahmen zeigen.
Zugleich laufen im Hintergrund – trotz der Vergleichsverhandlungen – weitere rechtliche Auseinandersetzungen. Am 13. April ist der nächste Gerichtstermin am OVG, in dem es wiederum um eine Klage der TG gegen die von den Stadtverordneten beschlossene Entwicklungssatzung für das künftige Viertel geht. Ebenso wird an dem Tag über eine Klage einiger Landwirte aus dem Umfeld der Kaserne verhandelt – sie sehen ihre Existenz bedroht, weil sie für die Entwicklung des Stadtteils auf Flächen verzichten müssen und aus ihrer Sicht nur eine unzureichende Entschädigung dafür erhalten.
Viele Punkte sind also ungeklärt. Pro-Potsdam-Chef Nicke appellierte jedenfalls an alle Beteiligten: „Es muss zeitnah eine Lösung gefunden werden, sonst schreitet der Verfall unaufhaltsam fort.“ Im Klartext: Wo nichts mehr steht, kann nichts mehr entwickelt werden.
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