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Landeshauptstadt: Ärger im Frauen-Asylheim

Ex-Bewohnerinnen werfen Leiterin Hala Kindelberger Tyrannei vor. Trägerverein weist Kritik zurück

Stand:

Ausgerechnet die Vorsitzende des Potsdamer Migrantenbeirats, Hala Kindelberger, soll Flüchtlingsfrauen drangsaliert haben. Diesen Vorwurf erheben – flankiert vom Brandenburger Flüchtlingsrat – zwei frühere Bewohnerinnen des Frauen-Asylheims in der Hegelallee, das Kindelberger leitet. Der Trägerverein der Einrichtung – der Soziale Stadt e.V. – und die Stadtverwaltung weisen die Kritik zurück.

Die Geschichte begann vor wenigen Tagen mit einem RBB-Beitrag. Darin schilderte Sharah H., die mit ihren beiden Kleinkindern aus Afghanistan geflüchtet ist, sie sei in dem Heim von Kindelberger herumkommandiert worden: „Wir fühlten uns nicht frei und sehr gestresst dadurch.“ So habe die Heimleitung häufig mit Geldzahlungen, mit dem Jugendamt oder mit der Polizei gedroht. Diese Version stützt auch der Flüchtlingsrat, der sich als „Teil der viel zu kleinen Lobby für Flüchtlinge“ begreift. Mitarbeiter Kai Wendel sagte, die Vorwürfe hätten sich nach Gesprächen mit allen Beteiligten bestätigt – Sharah H. sei mit den Nerven fertig gewesen. Und: „Es gibt zwar auf dem Papier eine Beschwerdestelle bei dem Trägerverein, faktisch wird diese aber nicht genutzt, weil die Frauen Angst vor Frau Kindelberger haben.“ Es müsse in Potsdam auch eine unabhängige Beschwerdestelle für Flüchtlinge geben.

Das fordert auch Lutz Boede von der Wählergruppe Die Andere, die mit dem Flüchtlingsrat zusammenarbeitet. Auch ihm seien Beschwerden bekannt – wegen angeblicher Schikanen von Kindelberger hätten sich mehrere Bewohnerinnen für einen Umzug in das schlechter gelegene und ausgestattete Asylheim am Schlaatz entschieden.

Der Hegelallee-Trägerverein weist die Vorwürfe zurück. „Frau Kindelberger und ihr Team leisten hervorragende Arbeit“, sagte Gabriele Röder vom Vorstand des Soziale-Stadt-Vereins. Die Angriffe seien einseitig und ungeprüft verbreitet worden, etwa der Vorwurf, dass Sharah H. 150 Euro zahlen musste, nachdem ihre zweijährige Tochter sich aus Versehen im Bad eingeschlossen hatte und der Schlüsseldienst kommen musste. Das Geld wurde komplett zurückerstattet, so Röder. H. hatte zudem erklärt, sie habe die Putzmittel, mit denen sie und die anderen Frauen gegen ein Entgelt das Heim putzten, selber zahlen müssen. Röder sagte, auf Wunsch der Bewohnerinnen sei eine Kasse eingerichtet worden, um solche Artikel eigenverantwortlich gemeinsam zu verwalten. Auch werde nicht wie behauptet das komplette Heim videoüberwacht, sondern – um die Frauen vor Angriffen zu schützen – nur der gemeinsam genutzte Flur, die Treppe und der Eingangsbereich der Straße. Die Flüchtlingsfrauen müssten diesem Prozedere schriftlich zustimmen. Angesichts der Kritik habe man sich nun an den städtischen Datenschutzbeauftragten gewandt, so Röder. Bei Sorgen oder Ärger gebe es von einem Beschwerdebriefkasten über gewählte Vertrauenspersonen bis hin zum Einsatz eines Mediators viele Möglichkeiten, Probleme anzusprechen.

Auch Stadtsprecher Jan Brunzlow verteidigt die Arbeit in dem Heim: „Ein Beschwerdemanagement kann nur funktionieren, wenn sich die Betroffenen auch beschweren.“ Im aktuellen Fall habe sich Sharah H. nach Trägerangaben nicht direkt an die Leiterin oder die Geschäftsführung gewandt – obwohl diese zur Verfügung gestanden hätten. Mit dem Heim besteht seit Herbst 2012 ein geschützter Raum für zum Teil misshandelte und traumatisierte Frauen sowie deren Kinder. Der Flüchtlingsrat hatte auf einen zweiten Fall verwiesen, der eine Frau aus Kamerun betraf: Dem Vater ihres Kindes sei nicht erlaubt worden, in dem Heim zu schlafen. Brunzlow sagte, der Wunsch nach der Übernachtung des Mannes sei zwar nachvollziehbar, aber den anderen Frauen nicht zuzumuten. Daher sei die Bewohnerin auch umgezogen.

Generell wolle man aber auf die beiden anderen Einrichtungen für Aslybewerber in Potsdam und deren Träger zugehen, um ein übergeordnetes Beschwerdemanagement einzuführen, sagte Brunzlow. Die Stadt würde sich freuen, wenn der Flüchtlingsrat – trotz aller Diskussionen um Einzelfälle – die Arbeit in einer solch einmaligen Einrichtung unterstützen würde, sagte der Stadtsprecher.

Kindelberger selbst, die auch Stadtverordnete der Grünen ist, wollte sich wegen einer Verschwiegenheitsklausel in ihrem Vertrag nicht weiter äußern: „Ich weiß in meinem Herzen, dass die Vorwürfe unbegründet sind.“ Schon in der Vergangenheit war sie vom Flüchtlingsrat und anderen Potsdamer Migrantenstellen kritisiert worden, etwa als sie sich für die Unterbingung von Flüchtlingen in einem Containerdorf im Industriegelände im Potsdamer Süden ausgesprochen hatte. Sie habe den Eindruck, es finde eine Hetzjagd gegen ihre Person statt, so die gebürtige Ägypterin. Die unzufriedenen Frauen würden dafür in beschämender Weise instrumentalisiert.

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