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Aufbauphase. Die Weihnachtsmarkthändler machen ihre Buden startklar für die morgige Eröffnung.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Ärger um frühe Bescherung

Breite Kritik am Eröffnungstermin des Weihnachtsmarktes – Verwaltungsrechtler widerspricht Stadt

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Die Stadt steht wegen des Frühstarts beim Weihnachtsmarkt weiter in der Kritik: Nach Protesten aus Kirchenkreisen gegen den Eröffnungstermin vor Totensonntag meldeten sich am Dienstag viele Potsdamer entrüstet zu Wort. Die Junge Union, die Jugendorganisation der CDU, forderte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf, die Eröffnung zu verschieben. Wie berichtet startet der Weihnachtsmarkt bereits am morgigen Donnerstag – und damit erstmals vor Totensonntag. Dieser Sonntag ist bei evangelischen Christen dem Gedenken an verstorbene Angehörige gewidmet.

Als „mehr als unsensibel“ kritisierte CDU-Kreischefin Katherina Reiche die frühe Eröffnung: „Die Entscheidung der Potsdamer Verwaltung scheint dem Kommerz den Vorrang vor Trauer und Gedenken an die Toten einzuräumen. Das ist pietätlos.“ Auch die CDU-Jugendorganisation Junge Union (JU) stellte sich hinter die Kritik der Kirchen: „Es ist beschämend, dass die Landeshauptstadt Potsdam nur noch auf den Kommerz im Spektakel Weihnachtsmarkt Wert legt und keine Rücksicht auf den religiösen Hintergrund der christlichen Institution Totensonntag legt“, sagte Tino Fischer, der JU-Kreisvorsitzende. Er forderte eine Verschiebung des Eröffnungstermins. Auch Linke-Kreischef Sascha Krämer bezeichnete die Terminwahl als peinlich: „Für 2013 sollte man etwas mehr Feingefühl haben und frühzeitig in den Terminkalender schauen.“

Auch die Leitung der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz schaltete sich am Dienstag ein: Volker Jastrzembski, Sprecher von Bischof Markus Dröge, sagte: „Wir finden es problematisch, dass gerade an den Tagen, an denen viele Bürger ihrer Verstorbenen gedenken, bereits die Weihnachtsmärkte geöffnet werden.“ In der Zeit zwischen Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag stehe das Totengedenken im Mittelpunkt. „Es ist gut, dass es einen gewissen Rhythmus gibt, die Adventsmärkte gehören in den Advent“, so Jastrzembski.

Kritik kam auch vom Innenstadt-Bürgerverein Freies Tor. Der Verein stößt sich nicht nur am frühen Eröffnungstermin, sondern auch an der Gestaltung des Weihnachtsmarktes als „Budenmeile“, der die Brandenburger Straße praktisch verschwinden lässt. Freies Tor mahnt eine breite Diskussion über den Markt an. Der Verein kritisiert zudem die über die Feiertage ausgedehnten Öffnungszeiten. Das führe dazu, dass die Brandenburger Straße am 24. Dezember, wenn der Markt geschlossen ist, wie ein „verlassenes Western-Dorf“ wirke.

Die Stadt bleibt trotz der Kritik beim Eröffnungstermin, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz den PNN. Wie berichtet rechtfertigt der Weihnachtsmarktbetreiber Coex den Frühstart mit wirtschaftlichen Interessen. Die Stadt begründet die Genehmigung mit der fehlenden rechtlichen Handhabe für eine andere Entscheidung. Dem widerspricht der Potsdamer Verwaltungsjurist Thorsten Ingo Schmidt: Den PNN erklärte er, dass die Stadt den Start vor Totensonntag nicht hätte erlauben müssen (siehe Kasten).

Im benachbarten Berlin beginnen sämtliche großen Märkte erst nach Totensonntag. Das geht auf ein Bündnis zwischen Einzelhandels- und Schaustellerverbänden und den beiden großen Kirchen unter dem Motto „Alles hat seine Zeit“ zurück, wie Harald Wilbertz, der Chef des Schaustellerverbandes Berlin, erklärte. Eine Ausnahme bildet die sogenannte Winterwelt am Potsdamer Platz, die Anfang November eröffnet wurde und für den Wintersport werben soll. Der integrierte Weihnachtsmarkt beginne dort aber auch erst am Montag. mit sik/axf

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