zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Armutsrisiko Miete

Arme Familien finden in Potsdam keine Wohnungen, sie rutschen durch die Miete unter Hartz-IV-Niveau, besagt eine neue Studie. Aber es gibt einen Haken

Stand:

Der Potsdamer Wohnungsmarkt stellt für einkommensschwache Familien ein Armutsrisiko dar: Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Montag veröffentlicht wurde. Nach Abzug der Miete für eine Wohnung „im unteren Preissegment“ – die Studie veranschlagt für Potsdam 660 Euro Monatsmiete – bleiben einer armen Familie demnach pro Monat 25 Prozent weniger als einer Familie, die Hartz IV bezieht. Im Vergleich der 100 größten deutschen Städte schneiden nur Regensburg, Freiburg, Frankfurt am Main und Jena noch schlechter ab. Die thüringische Universitätsstadt ist Schlusslicht: Arme Familien landen dort nach Abzug der Miete 43 Prozent unter Hartz-VI-Niveau.

Das in der Studie entworfene Szenario gilt für sogenannte einkommensarme Familien. Darunter verstehen die Autoren Familien, deren Monatseinkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Monatseinkommens vor Ort beträgt – in Potsdam liegt die so errechnete „Armutsschwelle“ bei einem Haushaltseinkommen von monatlich 1541 Euro.

Für solche einkommensarmen Familien ist die Lage auf dem Potsdamer Wohnungsmarkt laut Studie praktisch aussichtslos: Gerade mal ein Prozent der angebotenen Wohnungen sei für sie geeignet und bezahlbar – also mit drei Zimmern und mindestens 75 Quadratmetern Fläche groß genug und mit einer Miete, die maximal ein Drittel des Haushaltseinkommens beträgt, tragbar. Selbst für Familien mit mittleren Einkommen gebe es kaum Angebote: Nur 15 Prozent aller Wohnungen – die Option Eigenheim inbegriffen – seien geeignet und bezahlbar. Wenn Geld keine Rolle spielt, sind 46 Prozent der Wohnangebote familientauglich.

Die Studie hat aber einen Haken: Für die Berechnungen gehen die Autoren ausschließlich von in Zeitungen oder dem Internet angebotenen Wohnungen aus. Genossenschaften oder kommunale Wohnungsunternehmen bleiben damit außen vor, heißt es ausdrücklich. Das dürfte die Ergebnisse verzerren, denn in Potsdam umfasst dieses Segment laut dem aktuellen Wohnungsmarktbericht der Stadt gut 41 Prozent aller Wohnungen. Dazu zählen gerade auch die belegungsgebundenen Wohnungen, in denen einkommensschwache Mieter günstig wohnen.

Doch selbst im Vergleich mit anderen ostdeutschen Städten und dem benachbarten Berlin liegt Potsdam laut der Studie vor Schlusslicht Jena am unteren Ende der Skala: In den 14 untersuchten ostdeutschen Städten kommen arme Familien nach Abzug der Miete nur in Zwickau über Hartz-IV-Niveau. In Chemnitz landen sie ein Prozent unter Hartz-IV-Niveau, in Berlin drei Prozent, in Cottbus zwölf, in Erfurt 22.

Das Rathaus verwies am Montag auf die begrenzten Möglichkeiten zur Steuerung des Wohnungsmarktes. Einkommensschwache Haushalte würden bereits gefördert: Ende 2012 erhielten 12 000 Haushalte – jeder siebte Potsdamer Haushalt – eine Wohnkostenunterstützung. Steigende Mieten beschäftigen die Stadtpolitik immer wieder. Für den 17. August kündigte das Bündnis „Bezahlbare Wohnungen für alle“ eine neue Demonstration an. Die Fraktion Die Andere will aktuell die Kostensätze fürs Wohngeld überprüfen lassen. Linke-Kreischef Sascha Krämer forderte am Montag unter amderem ein Verbot von Mieterhöhungen bei Neuvermietungen. Jana Haase

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })