
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Asphalt wie ein Schweizer Käse
Lob, Tadel und Irritationen beim Rosenmontagsbesuch des Oberbürgermeisters in Sacrow: Jakobs verspricht Hilfe für Sacrower Straße, Schiffgraben-Ausbau und Installation einer Fluglärm-Messstation
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Sacrow - An den Papst dachte an diesem Rosenmontag in Sacrow zunächst niemand. Vielmehr kam Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) zum jährlichen Besuch in den Ortsteil – wenn auch wenige Minuten verspätet, was die Sacrower zu dem Sarkasmus ermunterte, die Limousine des Rathauschefs sei vielleicht in einem der Schlaglöcher versunken.
Trotz einiger Verbesserungen im zurückliegenden Jahr ist bei den Sacrowern von „innerer Frustration“ die Rede. Jährlich einmal reise Jakobs an, man wechsle „freundliche Worte, aber es geschieht zu wenig“, kritisierte Karl-Heinrich von Bothmer. Der Oberbürgermeister ahnte wohl die Tribunal-Stimmung in der Gaststätte „Zum Sacrower See“, schmeichelte er doch zunächst einmal und erwähnte „das Paradies, in dem Sie hier leben“. Und weil Angriff sonst immer die beste Verteidigung ist, preschte Jakobs vor und erklärte: „Da können wir uns auch fünfmal im Jahr treffen – wir haben trotzdem kein Geld für die Straße“. In dem bis 2018 reichenden Ausbauplan der Stadt Potsdam sei die Sacrower Straße nicht enthalten. Nach der Frostperiode würden wieder nur die Löcher gestopft.
Diese Aussage verwunderte die Sacrower, ist doch die Asphaltstraße – „ein Schweizer Käse – Schlagloch an Schlagloch“ – erst jüngst zumindest verbreitert worden. „Wir hören immer, es ist kein Geld da, und dann passiert doch etwas“, schimpfte Hannes Kowatsch. Darauf der Oberbürgermeister: „Wer hat das bezahlt?“ Sein Büromitarbeiter Harald Kümmel bestätigte, das Geld entstamme der Stadtkasse. Daraufhin wechselte Jakobs die Taktik; Selbstkritik stand nun an: „Ich komme bei der eigenen Verwaltung manchmal ins Grübeln.“ Er werde das intern auswerten, kündigte Jakobs an. Schließlich: „Ich komme mir ja selbst blöd vor.“ Erst sage er, die Stadt habe kein Geld – um dann zu erfahren, dass dies so nicht stimme.
Die fällige Sanierung des Schiffgrabens ist schon ein Traditionsthema der jährlichen Jakobs-Besuche in Sacrow. Doch diesmal kann die Stadt laut Kümmel sogar auf eine gemeinsam mit dem Abwasserverband erfolgte „Grabenschau“ am 24. April 2012 verweisen. Die dabei entstandenen Protokolle kann Kümmel jedoch nicht vorlegen. Und aus dem Ort hat niemand – trotz Vereinbarung – daran teilnehmen dürfen, monierte von Bothmer. Daraufhin erneuter Taktikwechsel bei Jakobs – jetzt spricht der Chef: „Herr Kümmel sorgt dafür, dass es ein Protokoll gibt!“ In vier Wochen soll es einen Termin mit dem Tiefbauamt wegen der löchrigen Straße und in sechs Wochen einen Termin mit dem Gewässerverband wegen des Schiffgrabens geben, so Jakobs rigide. Letzterem drohte der Oberbürgermeister sogar mit „Stornieren der Beiträge“; die Landeshauptstadt könne „Eskalationsstufen nutzen“. Ferner stellte Jakobs bis Ende Mai ein Konzept für die Sacrower Straßenbeleuchtung in Aussicht. Als ehemaliger DDR-Grenzort ist Sacrow greller erhellt als manchem lieb ist. Allerdings ist dieses Thema im Ort nicht unumstritten. Eine Bürgerin erklärte, die Helligkeit erhöhe die Sicherheit.
Für etwas Entspannung sorgte das Thema Trinkwasser für Sacrow. Zu diesem Punkt hörte Jakobs Dank und Anerkennung. Alle Sacrower seien nun an das Trinkwassernetz angebunden. Nicht angeschlossen seien lediglich das Sacrower Schloss und die Ortsfeuerwehr. „Die brauchen kein Wasser“, so ein Zwischenruf. Gern hätten die Sacrower auch den Anschluss ans Abwassernetz gehabt; stattdessen bleibt es bei den Hausgruben. „Mit Abwasser wäre es ein Traum“, erklärte eine Sacrowerin. Jürgen Retzlaff von der Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) stellte jedoch für die Fäkalentsorgung gute Nachrichten in Aussicht: „Es sieht so aus, als ob die Fäkalgebühren sinken.“ Die Entscheidung darüber liege demnächst bei den Stadtverordneten.
Den in Sacrow aktiven Fluglärmgegnern um Markus Peichl und Achim Haid-Loh sagte Jakobs Unterstützung bei der Suche nach einem Standort für eine Fluglärm-Messstation zu, die ein Sacrower Bürger finanzieren will. Im Gespräch seien der Campanile der Sacrower Heilandskirche, das Babelsberger Rathaus – ein städtisches Objekt – sowie ein Privatgrundstück in Babelsberg.
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