Von Michael Meyer, Getafe: Auch Bayern drückt die Daumen
Turbine Potsdam will heute gegen Olympique Lyon erster Champions-League-Sieger der Frauen werden
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Bernd Schröder ist kein Mensch, der an Herzdrücken leidet; den Trainer Turbine Potsdams haut so schnell nichts um. In Getafe, einer Satellitenstadt am Südrand Madrids, zeigt sich der 67-Jährige unmittelbar vor dem heutigen Endspiel der UEFA Women’s Champions League aber doch beeindruckt. „Dieses Endspiel ist schon das Größte für uns“, bekennt der Potsdamer, der mit seinem Verein seit 1971 alle Höhen und Tiefen durchgemacht hat, insgesamt zehnmal DDR- und gesamtdeutscher Meister wurde, dreimal in Folge den DFB- und 2005 den UEFA-Pokal holte. „Der Titel Champions-League-Sieger wäre allerdings die Adelung schlechthin“, meinte Schröder am Mittwoch im Hotel NH Fuenlabrada, in dem Turbine logiert, während Endspiel-Gegner Olympique Lyon im Hotel Hesperia Quartier bezogen hat.
Gestern Abend trainierten erst die Französinnen und dann die Deutschen im 17000 Zuschauer fassenden „Coliseum Alfonso Perez“ des FC Getafe, das nach UEFA-Angaben ausverkauft sein soll und in dem die finnische Schiedsrichterin Kirsi Heikkinen heute um 20.30 Uhr das Endspiel anpfeift (live in ZDF). Dann wird UEFA-Präsident Michel Platini ebenso auf der Tribüne sitzen wie DFB-Boss und Turbine-Mitglied Theo Zwanziger sowie weitere Fußball-Prominenz und zahlreiche mitgereiste Turbine-Fans. „Alle Welt wird dieses Finale sehen“, so Schröder.
„Lyon ist eine spielstarke Mannschaft mit einer guten Abwehr. Lira (Fatmire Bajramaj/d. Red.) als Dribbelkönigin kann die aber auseinandernehmen“, sagte Stürmerin Anja Mittag nach einer ersten Trainingseinheit am Vormittag in einem nahe ihres Hotels gelegenen Park und der Videoanalyse am Nachmittag. Mittag hat in der bisherigen Champions- League-Saison neun Tore erzielt, Bajramaj vier. Die Neu-Potsdamerin kennt Lyon aus dem Halbfinale des letztjährigen UEFA-Cups, in dem sie mit Duisburg gewann. „Lyon ist eine der stärksten Mannschaften und steht zurecht mit im Finale. Das wird eine harte Aufgabe“, so Bajramaj.
Die Potsdamerinnen sind trotzdem zuversichtlich, nun das Double aus nationalem und internationalem Titel zu schaffen. Ein Lokal für die mögliche Siegesfeier ist bereits reserviert, Double-Shirts sind im Gepäck. Bis auf die nach einer Knieoperation zwangspausierende Monique Kerschowski sind alle Potsdamerinnen einsatzbereit. Natürlich auch Anna Felicitas Sarholz, durch die Turbine letztlich das Endspiel erreichte, denn die 17-Jährige wurde im Halbfinal-Rückspiel gegen den FCR Duisburg zur Matchwinnerin, als sie im Elfmeterduell in großem Stil gleich drei Duisburger Schüsse hielt. „Natürlich denkt man gern daran zurück. Aber ohne das Tor Tabbis (Tabea Kemme/d. Red.) davor hätte es auch nicht geklappt“, meint Sarholz, die heute auch im ersten Champions-League-Finale der Frauen überhaupt vor einem Millionenpublikum in Getafe und vor den Fernsehern ihr Können zeigen will. Bernd Schröder wollte sich am Mittwochnachmittag offiziell noch nicht festlegen, ob er sie oder Desiree Schumann gegen Lyon zwischen die Pfosten schickt.
So oder so – Sarholz muss schon morgen früh zurück nach Deutschland, um mit der U 19 zur Europameisterschafts-Endrunde nach Mazedonien zu fliegen; das Gleiche gilt für Marie-Louise Bagehorn. Das Gros der Potsdamerinnen wird aber in Madrid bleiben und am Samstag während des Männer-Endspiels Bayern München – Inter Mailand im Bernabeu-Stadion sitzen. Turbines Trainer hat in einer Mail an den Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß die historische Fehde zwischen Preußen und Bayern als beendet erklärt, um in Madrid gemeinsam für Deutschland die Champions League zu gewinnen. Gestern antwortete Hoeneß; er teilte mit, Bayern drücke Turbine fest die Daumen und hoffe, dass der erste Champions-League-Sieg der Frauen nach Deutschland und Potsdam gehe. „Ich spüre schon die Last der Verantwortung“, gesteht Schröder, für den der heutige Sieg die Krönung seines fast 40-jährigen Lebenswerkes Turbine wäre.
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