Links und rechts der Langen Brücke: Auch das noch!
Marco Zschieck über dicke Luft auf Potsdams Straßen
Stand:
Wer derzeit in Potsdam von A nach B gelangen will, muss entweder besonders nervenstark sein oder über großen Gleichmut verfügen. Seit Monaten wächst die Liste der Baustellen auf den Potsdamer Straßen – mittlerweile führt die Verkehrsprognose der Stadtverwaltung zwölf größere Baustellen auf. Nicht nur Autofahrer sind davon betroffen, schließlich stehen oft genug auch die Nahverkehrsbusse mit Schlange. Außerdem werden die Nutzer der Straßenbahn schon seit Tagen mit einer baubedingten Teilung des Trambahnnetzes auf eine Geduldsprobe gestellt. Wer denkt, es könne nun nicht mehr schlimmer kommen, irrt sich – leider.
Denn mit der Unterbrechung des Tramverkehrs von der Innenstadt in Richtung Norden und Westen sowie der Einengung der Hegelallee dürfte sich die Verkehrssituation weiter verschärfen. „Auch das noch!“, wird mancher ausrufen. „Muss das sein?“
Die Antwort ist, dass es im Grunde keine Alternative zu notwendigen Investitionen in die Infrastruktur gibt. Wer intakte Straßen will, muss damit leben, dass sie hin und wieder saniert werden müssen. Das Gleiche gilt für die Schiene: Moderne Haltestellen und erschütterungmindernde Gleise entstehen nicht durch Wünsche, sondern müssen irgendwann auch mal gebaut werden. Die Redensart „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ funktioniert auch hier nicht.
Allerdings ist die Art und Weise, wie das Ganze in Potsdam passiert, eine andere Frage. Es kann jedenfalls nicht das Ergebnis einer planvollen Organisation sein, wenn gefühlt an allen Ecken der Stadt gleichzeitig die Straßen aufgerissen werden. Die Empfehlung angesichts der ohnehin vollen Straßen, das Auto stehen zu lassen, die Umwelt zu schonen und auf Bus und Bahn umzusteigen, klingt angesichts tagelanger Netzunterbrechungen und teilweise verdoppelter Fahrtzeiten wie blanker Hohn.
Attraktiver wird der öffentliche Nahverkehr jedenfalls nicht, wenn man ihn beinahe lahmlegt. Dabei wäre es eigentlich nötig, dass mehr Autofahrer auf Bus und Bahn umsteigen, um die Schadstoffbelastung der Potsdamer Luft in den Griff zu bekommen. Denn trotz der für 2,3 Millionen Euro eingerichteten Pförtnerampeln zeichnet sich bei der Luftverschmutzung keine deutliche Änderung ab. Es hat sich gezeigt, dass die Verkehrssteuerung nur punktuell wirkt. Der große Wurf ist das jedoch nicht. Vielleicht sollte die Stadt nochmal über eine Umweltzone nachdenken. In Berlin war das auch umstritten, funktioniert aber mittlerweile. Warum nicht auch in Potsdam? Trotz der von der EU gewährten Schonfrist für die Einhaltung der Grenzwerte sollte die Stadt bald eine Lösung finden. Die Zeit bis 2015 vergeht schneller als man denkt.
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