Landeshauptstadt: „Auf dem Papier gibt es uns gar nicht“
32 Bornimer sollen für ihre Strom- und Wasseranschlüsse zahlen – und wehren sich vor Gericht dagegen
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Bornim - Die Bewohner der Max-Eyth-Allee im Potsdamer Norden fühlen sich hintergangen. Als sie kurz nach der Wende ihre Grundstücke im ländlichen Bornim kauften, zahlten sie für die Strom- und Wasseranschlüsse mit, die Grundstücke und Häuser galten also als „voll erschlossen“. Doch nun sollen sie ein zweites Mal für die Anschlüsse zahlen, auf die Bewohner kommen Kosten von bis zu 15 000 Euro pro Haushalt zu. Aus ihrer Sicht ist daran das Land Brandenburg schuld – deshalb haben sie es verklagt. Am kommenden Donnerstag findet die erste Verhandlung am Landgericht Potsdam statt.
Die Grundstücke gehörten einst zum DDR-Institut für Landtechnik, das dort fast 40 Jahre lang seinen Sitz hatte. Nach der politischen Wende im Herbst 1989 wurde es wie die meisten DDR-Forschungseinrichtungen zunächst aufgelöst, kurze Zeit später aber in verkleinerter Form wieder neu gegründet. Seitdem heißt es Institut für Agrartechnik Bornim. Die nicht mehr benötigten, ehemals volkseigenen Flächen wurden nach PNN-Informationen nach dem sogenannten Modrow-Gesetz an Privateigentümer verkauft, das den einstigen Kreisen, Städten und Gemeinden ermöglichte, volkseigenen Grund an Private zu verkaufen – bis zur Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990.
Die Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Abwasser an der Max-Eyth-Allee blieben aber die gleichen, das ganze Gelände – also Agrarinstitut und Wohnhäuser – wurden über den gleichen sogenannten Versorgungsstrang bedient. Nach der Deutschen Einheit wurden alle volkseigenen Flächen, die noch nicht im Zuge des Modrow-Gesetzes quasi verscherbelt wurden, an den Staat übertragen – in diesem Fall an das Land Brandenburg. Dieses übernahm damit automatisch auch die Strom- und Wasserversorgung und wurde so zum Netzbetreiber, einen Vertrag gab es darüber offenbar aber nie.
Jahre später bemängelte das Brandenburger Wirtschaftsministerium diese Praxis. Das Land sei nicht berechtigt, Netzbetreiber zu sein und müsse dies deshalb an kommunale Betreiber abgeben, hieß es damals. Dies ist nun auch an der Max-Eyth-Allee geschehen, 2010 wurden die Bewohner darüber informiert.
Doch die 32 betroffenen Bewohner, die sich mittlerweile zur „Eigentümer-Initiative Energie/Wasser/Abwasser Max-Eyth-Allee“ zusammengeschlossen haben, werfen dem Land vor, dies viel zu spät getan zu haben. „Ich habe schon in der Wende-Zeit auf eine Übertragung gedrängt“, sagt der Sprecher der Initiative, Heino Ernst. Doch das Land habe abgewinkt und das Netz selbst weiterbetrieben. 2010 kam dann die böse Überraschung. Den Bewohnern sei mitgeteilt worden, dass ihre Häuser offiziell als unerschlossen gelten, und dies nun von der Energie und Wasser Potsdam (EWP) nachgeholt werden müsse, sagt Ernst. „Auf dem Papier gibt es uns gar nicht.“ Natürlich seien die Häuser angeschlossen, wenn auch die Leitungen nicht mehr die modernsten seien, wie Ernst einräumt. Er ist aber der Meinung, dass das Land die Leitungen – wenn es sie schon behalten wollte – instand setzen hätte müssen.
Gestoppt werden können die Bauarbeiten nicht mehr – der Strom ist bereits neu verlegt, und die Arbeiten für die Wasserleitungen laufen auch schon. Die Bewohner hätten auch nichts gegen die neuen Leitungen, sagt Ernst. Aber sie wollen nicht dafür zahlen – schließlich hätten sie das schon 1990 getan. Einige Bewohner seien dazu auch gar nicht in der Lage, sagt Ernst. „Wir haben hier Rentner, Arbeitslose, Verwitwete. Die können keine 15 000 Euro zahlen.“
Das für den Fall beim Land zuständige Finanzministerium wollte sich zu Details nicht äußern und verwies auf das laufende Verfahren. Eine Sprecherin sagte auf PNN-Anfrage lediglich: „Wir blicken dem Prozess mit Interesse entgegen.“ Katharina Wiechers
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