Landeshauptstadt: Auf dem Weg zum Energieriesen
Potsdamer Natgas AG steigt ins Strom-Geschäft ein
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Jägervorstadt - Das Wort „Krise“ kommt im Wortschatz von Jörg Bauth nicht vor. Auf seinem Geschäftsgebiet, dem Handel mit Erd- und Biogas geht es scheinbar unaufhaltsam aufwärts. Wortgewandt berichtete der Vorstandschef der Natgas-Aktiengesellschaft am Dienstag Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) über den Einstieg des Unternehmens in das Gasgeschäft – und den Aufstieg. Jakobs war in die Konzernzentrale in der Hegelallee 37H, besser bekannt als „Mausefalle“, gekommen, um sich über die seit dem Jahre 2000 hier ansässige Natgas AG zu informieren. „Vielleicht auch um zu helfen“, fügte er hinzu, denn Natgas will räumlich expandieren.
„Wir beliefern mittlerweile eine große Anzahl an Stadtwerken und industriellen Kunden mit H- und L-Gas, so Bauth. Die Bezeichnungen L und H beziehen sich auf die unterschiedliche Zusammensetzung. H-Gas aus Russland besteht zu 98 Prozent aus Methan, L-Gas nur aus 85 Prozent. „Von Null auf Hundert“ – so beschrieb Bauth den zwar schwierigen aber am Ende erfolgreichen Start des Unternehmens. Mit dem Einstieg in das liberalisierte Gasgeschäft habe Natgas den Wettbewerb belebt. Derzeit betrage der jährliche Umsatz 500 Millionen Euro. „Hinter uns steht die Mineralölwirtschaft“ sagt er über die Aktionäre. Ein eingespieltes Team von Mitarbeitern mit fundierten Kenntnissen über Erdgasbeschaffung und -durchleitung meistere die zuverlässige Belieferung der Kunden. Zu denen zählen immerhin 80 Stadtwerke und 350 Industrieunternehmen. Wie Jakobs auf Nachfrage bestätigte, gehören die Potsdamer Stadtwerke nicht zu diesem Kreis.
„Seit 2011 kommt immer mehr Gas nach Deutschland“, erwähnte Bauth. Mit Marketing- und Vertriebschef Christian Hövelhaus ist er sich darüber im Klaren, dass mehr Flexibilität für das Geschäft notwendig ist: keine starre Vollversorgung, sondern die Mengen zum richtigen Zeitpunkt beschaffen. „Portfoliomanagement“ heißt das Zaubermittel, zu dem unter anderem die Analyse des Abnahme- und Risikoverhaltens der Kunden gehören. Das Ergebnis beschreibt der Natgas-Vorstand mit einfachen Worten: „Wir sind ein Unternehmen, das den Kunden Mehrwert bringt.“ Nach diesem Rezept will der Gas-Großhändler noch stärker auf dem Markt auftrumpfen. Von einem „Anspruch auf Marktführerschaft“ ist selbstbewusst die Rede. Zum Ausbau der internationalen Geschäftsbeziehungen seien bereits Vertriebsorganisationen in Belgien, Frankreich, Österreich und der Schweiz aufgebaut worden. In Zukunft komme noch der Strom hinzu, kündigte Bauth an. Zwei große Stromkunden habe Natgas bereits. Dieses Geschäft erfordere ein anderes Management für maßgeschneiderte Angebote, denn Strom lasse sich nicht speichern. Das Ziel bestehe darin, einen unabhängigen Energie-Konzern für Gas und Strom national und international zu schaffen.
Mit Potsdam als Konzernzentrale habe er sich fest angefreundet, sagt Bauth. An einen Umzug des Unternehmenssitzes denke er daher nicht. Von den rund 80 Mitarbeitern wohne etwa die Hälfte in Potsdam oder im „Speckgürtel“, der andere Teil pendele zwischen Berlin und Potsdam. Die Firma sucht „ständig kompetente Mitarbeiter“. Günter Schenke
Günter Schenke
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