
© Promo
Landeshauptstadt: Auf den Hund gekommen
Das Aus für das Pfötchenhotel in Beelitz befeuert die Dauerdebatte um ein neues Tierheim für Potsdam
Stand:
Potsdam / Beelitz - Alles Hoffen war vergebens: Das insolvente Pfötchenhotel in Beelitz stellt bis Jahresende seinen Betrieb ganz ein. Damit müssen die Stadt Potsdam und die Umlandgemeinden Werder (Havel), Nuthetal und Beelitz kurzfristig ein neues Tierheim suchen. Für sie hatte das Pfötchenhotel jahrelang die kommunale Pflichtaufgabe übernommen, herrenlose Tiere zu betreuen und neuen Besitzern zu vermitteln. Speziell in Potsdam gerät damit der Dauerstreit um ein neues Tierheim wieder in Bewegung.
Das Aus für das Pfötchenhotel bestätigte Insolvenzverwalterin Vera Mai den PNN auf Anfrage. „Es konnte kein langfristig Erfolg versprechendes Konzept gefunden werden, die große Tierhotelanlage kostendeckend weiterzubetreiben“, sagte die Berliner Juristin. Der Tierheimbetrieb werde noch bis zum 31. Dezember regulär aufrechterhalten, „damit die betroffenen Städte und Gemeinden Zeit erhalten, alternative Lösungen zu finden“.
Rückblick: Nach PNN-Informationen hatte das Pfötchenhotel allein für das Geschäftsjahr 2012 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 1,7 Millionen Euro melden müssen. Im Juli dieses Jahres folgte die Insolvenzmeldung. Seitdem hatte die Potsdamer Stadtverwaltung stets betont, man gehe dennoch davon aus, dass der mit dem Pfötchenhotel bis Ende 2015 abgeschlossene Vertrag bestehen bleibe. „Für uns gibt es bislang keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Vereinbarung nicht erfüllt werden kann“, hatte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN erst in der vergangenen Woche erklärt.
Das ist nun Makulatur. Brunzlow sagte, mit dem Pfötchenhotel verliere die Stadt einen zuverlässigen Partner. Die Stadt werde sich nun an andere Tierheim-Anbieter in der Region wenden. So sei möglich, die Tierbetreuung für einen Interimszeitraum von einem halben Jahr zu vergeben. In dieser Zeit könnte die Betreuung der Fund- und Verwahrtiere zum 1. Juli 2015 neu ausgeschrieben werden.
Auch die Potsdamer Umlandgemeinden schauen sich bereits nach Alternativen um, wie Sprecher der Verwaltungen von Nuthetal und Beelitz bestätigten. Dort prüft man, ob das Tierheim „Hoher Fläming“ in Wiesenburg die Fundtierbetreuung übernehmen kann. „Dort haben sie ähnlich wie in Beelitz einen 24-Stunden-Service“, sagte Lutz Krause vom Nuthetaler Ordnungsamt.
Wer seine Tiere dorthin bringen lässt, muss jedoch einen weiten Weg zurücklegen: Von der Potsdamer Innenstadt nach Wiesenburg sind es rund 75 Kilometer. „Alle Kommunen müssen sich in Zukunft auf weitere Wege einstellen.“ Welche Alternativen die Blütenstadt Werder für ihre Fundtiere erwägt, war auf Anfrage am Mittwoch nicht zu erfahren.
Mit dem Ende in Beelitz geraten auch die Verhandlungen zwischen Potsdams Stadtverwaltung und dem Tierschutzverein (TSV) erneut in den Fokus. Bekanntlich will der TSV auf dem derzeit städtischen Sago-Gelände ein Tierheim einrichten. Doch der Grundstückskaufvertrag ist nach fast einem Jahr Verhandlungen immer noch nicht unterschrieben. Dafür hatte das Rathaus zuletzt den TSV verantwortlich gemacht, der immer neue Forderungen stelle (PNN berichteten).
Noch in der Nacht zum Mittwoch teilte TSV-Chef Niklas Wanke den PNN auf Anfrage mit, der angebotene Vertrag sei weiter mit zu hohen Risiken verbunden, eine tragfähige Lösung nicht in Sicht. Nach der Meldung vom Aus des Pfötchenhotels fanden am Mittwoch nach PNN-Informationen weitere interne Gespräche des TSV statt. In der Folge zog Wanke seine Mitteilung zurück, „um positive Entwicklungen in Sachen Tierheim nicht zu gefährden“. Unterstützung erhielt der TSV vom SPD-Stadtverband Potsdam. Deren Chef Mike Schubert forderte die Stadtverwaltung auf, beim TSV anzufragen, ob er in der Lage sei, die Tierbetreuung kurzfristig zu übernehmen: „Vielleicht kann man auf dem Sago-Gelände mit einem Provisorium beginnen.“ Schubert sitzt neuerdings auch im Tierheimbeirat der Stadt.
Wie berichtet, hatte die Verwaltung an den Verkauf des Sago-Geländes von Anfang an hohe Anforderungen gestellt. So müsse mit Kosten von mehr als 500 000 Euro gerechnet werden, neben dem Kaufpreis etwa für die Erschließung des Areals, hieß es im Exposé für das Grundstück. Ebenso hätte der TSV als Käufer dennoch keinen automatischen Anspruch, die von der Stadt mit mehr als 100 000 Euro pro Jahr finanzierte Pflichtaufgabe der Fundtierbetreuung zu übernehmen.
Seit Jahren wird um ein Tierheim in Potsdam gestritten (siehe Kasten). Zuletzt hatte sich eine neue Bürgerinitiative „Potsdam braucht ein Tierheim“ gegründet. Deren Sprecher Jens Freiberg sagte, angesichts der Pleite des Pfötchenhotels müsse sich die Stadtverwaltung diesem Thema endlich ernsthaft widmen. Er verwies unter anderem auf das Beispiel der Stadt Heilbronn in Baden-Württemberg, wo mithilfe von Umlandgemeinden, Spendenaktionen und Tierschützern gerade ein Tierheim für vier Millionen Euro gebaut wird: „Das ist eine Ideallösung.“
Ein Tierheim in Potsdam könne das ehrenamtliche Engagement und den Tierschutz in der Stadt befördern. Die Forderung nach einem neuen Tierheim führt mit Abstand auch die Abstimmung zum aktuellen Bürgerhaushalt der Stadt an – und hatte das Verfahren auch in der Vergangenheit schon gewonnen. (mit es)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: