Landeshauptstadt: Auf der Jagd nach dem Silber-Denar
Historische Münzfunde in Potsdam erzählen vieles über die Geschichte der Landeshauptstadt. Und noch gibt es Schätze zu bergen
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Wer das Glück besitzt, einmal beim Umgraben des Gartens oder bei einer ähnlichen Gelegenheit auf ein paar Münzen aus früheren Jahrhunderten zu stoßen, dem öffnet sich ein kleines Fenster in die Vergangenheit. Auch in Potsdam kam es im Laufe der Jahre immer wieder zu spektakulären Münz-Funden, zuletzt etwa 2007 im Zuge der Bauarbeiten am Stadtschloss: „Es kamen einige verrottete Denare zum Vorschein, die etwa um 1390 geprägt wurden, sowie sogenannte Stendaler Hohlpfennige aus dem 14. Jahrhundert“, sagt Hans-Dieter Dannenberg vom Verein Potsdamer Münzfreunde. Am Dienstag hatte der Verein ins Bürgerhaus am Schlaatz zum Vortrag über Münzfunde in Potsdam und Umgebung eingeladen.
Die ältesten Münzen, die im Stadtgebiet jemals gefunden wurden, sind arabische Silber-Dirhems aus dem Jahr 1000 v. Chr., die auf Hermannswerder entdeckt wurden. Um diese Zeit hätten hier lediglich 200 Menschen gelebt, sagt Dannenberg. „Die Dirhems sind vermutlich über den Ostseehandel nach Brandenburg gelangt.“ Die Münzen aus dieser Zeit, auf die man am häufigsten stieß, kamen jedoch nicht von so weit her: die sogenannten Sachsenpfennige, die immer wieder in großer Zahl zum Schutz vor Räubern vergraben wurden.
Die ersten richtigen brandenburgischen Münzen kamen 1880 beim Sensationsfund von Michendorf ans Licht: „Beim Umpflügen eines Feldes entdeckte ein Knecht lauter verrostete Metall-Scheibchen und hat sie einfach weggeworfen“, erzählt Dannenberg. „Doch eine Magd ist neben ihm hergegangen und hat sie eingesammelt und nach Potsdam zu Julius Lange gebracht.“ Der Schlachtermeister war als Hobby-Numismatiker – also Münzforscher – bekannt, und fuhr daraufhin nach Michendorf, wo unter seiner Aufsicht rund 2000 Münzen in unterschiedlichsten Zuständen aus dem Boden geholt wurden. Die sogenannten Brakteaten aus dünnem Silber stammten aus dem 12. Jahrhundert und zeigen Pribislaw, den letzten slawischen Herrscher des Havellandes, und dessen Nachfolger, Albrecht den Bären, Gründer der Mark Brandenburg.
Der spektakulärste Fund im Potsdamer Stadtgebiet waren eine Reihe von Leinensäcken mit mehreren Hundert Münzen aus dem 13. Jahrhundert, die 1989 im Zuge der Bauarbeiten für das Hans Otto Theater auf dem Alten Markt gefunden wurden: „Viele davon zeigten den ‚Geflügelten Markgraf', eine der häufigsten Münzenfunde in diesem Gebiet“, so Dannenberg. Auch 85 Prager Groschen waren dabei; ein Nachweis für den damaligen Handel mit Böhmen.
Als silberarmes Land prägte Brandenburg erst ab 1460 eigene Silbergroschen, die heute mehrere Tausend Euro wert sind. Goldmünzen kamen erst ab dem 15. Jahrhundert auf. Einen enormen Modernisierungs-Schub erhielt das preußische Münzwesen 1750 durch die Münzreform Friedrichs II.: Geprägt wurden nun überregional akzeptierte Reichstaler, die natürlich das Profil des Königs trugen. „Seine Stirn und seine Nase bilden auf dem Abbild immer eine durchgehende Linie“, sagt Dannenberg. Damit stellte sich Friedrich II. im sogenannten griechischen Profil dar, das auch antike Götter- und Heldenfiguren kennzeichnet.
Zu den größten Münzfundgebieten in Potsdam zählt laut Dannenberg Groß Glienicke, und es sei beileibe noch nicht alles gefunden worden: „Schätzungsweise wurden bislang nur zehn bis 20 Prozent der im Boden vergrabenen Münzen geborgen, und immer wieder wird bei Baumaßnahmen etwas entdeckt.“ Wer welche findet, dem geben die Potsdamer Münzfreunde gerne Auskunft über den Wert, 2012 wurde der Verein unter anderem zur Einschätzung von Münzen gebeten, die dem damaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck von offiziellen Gästen als Geschenk übergeben worden waren; die Sammlung wurde daraufhin für soziale Zwecke veräußert.
Derzeit hat der Verein 29 Mitglieder, so Dannenberg. „Doch es mangelt leider an Nachwuchs.“ Gegen den Trend allerdings: „Münzen-Sammeln ist wieder im Kommen, seit der Einführung des Euro und der vielen nationalen Sondermünzen sammeln wieder viele. Auch Deutschland bringt pro Jahr fünf bis sechs Sondermünzen mit wirklich schönen Motiven heraus, darunter war auch schon eine mit Friedrich dem Großen“, erzählt Dannenberg. Ihn selbst treibe das historische Interesse an der Numismatik an, doch er kenne auch viele, die historische Münzen schlicht als Wertanlage sammeln.
Die Münzfreunde kommen jeden Monat zu einem Treffen zusammen, bei denen auch Vorträge gehalten werden. Das nächste ist am 9. Februar im Bürgerhaus am Schlaatz und wird sich unter anderem mit einem berühmten Caputher Bürger beschäftigten: „Einstein auf Medaillen“ heißt das Thema des Vortrags.
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