Sport: Auf neuer Spielwiese
Die Ex-Spielerinnen Conny Pohlers und Navina Omilade steigen wieder ins Fußball-Geschäft ein. Diesmal von anderer Seite – mit einer eigenen Berateragentur
Stand:
Auf dem Fußballplatz waren sie ein erfolgreiches Duo. Die eine eher als Vorbereiterin, die andere als Vollstreckerin. Während ihrer Zeit beim 1. FFC Turbine Potsdam brachten es Navina Omilade und Conny Pohlers zusammen auf 191 Tore. Omilade spielte fünf Jahre im Turbine-Mittelfeld, Pohlers stürmte ein ganzes Jahrzehnt für die Potsdamer. Inzwischen haben beide ihre Karriere beendet, zuletzt waren sie in Wolfsburg aktiv, wo es beim Abschiedsspiel für Conny Pohlers vor einigen Wochen ein Wiedersehen mit vielen Weggefährtinnen gab. Den beiden wird es dabei nicht nur um die guten alten Zeiten gegangen sein, sondern auch um die Frage, was nach der Karriere kommt. Denn die zwei Ex-Fußballerinnen haben gerade ihre ganz eigene Antwort darauf gefunden: „mainsoccer“. „Eine Agentur für Beratung, Vermittlung und Betreuung – für Spielerinnen und Vereine“, sagt Omilade.
Das Attribut „Full Service“ für die Agentur hebt die 32-Jährige besonders hervor. „Wir wollen Spielerinnen beraten, was während und nach ihrer aktiven Zeit wichtig ist“, sagt Omilade und beansprucht für sich und Pohlers: „Wir wissen, was Spielerinnen brauchen und was nicht.“
Die eigene Vergangenheit als Fußballerinnen liefert die Vorlagen für die Zukunft als Beraterinnen. Omilades erste Bundesliga-Station war 1998 der FFC Brauweiler. „Ein Dorf“, sagt sie, „und so wurde der Verein auch geführt: liebevoll, aber was Professionalität angeht, unbeholfen. Zwei, drei Leute haben sich nebenbei um alles gekümmert.“ Inzwischen habe sich vor allem bei den Top-Klubs der Bundesliga – 1. FFC Frankfurt, VfL Wolfsburg, Bayern München und Turbine Potsdam – viel geändert. „Die sind gut aufgestellt“, sagt Omilade. Aber in vielen Vereinen ist die Betreuung von Spielerinnen jenseits des Platzes eine One-Man-Show, sagt sie.
Der grüne Rasen ist Pohlers und Omilade bestens vertraut. Auf ihm wurden sie Welt- und Europameister, holten Meisterschalen und Pokale, gewannen die Champions League. Das Agentur-Geschäft ist Neuland – auf einem Markt, der zumindest im Männerfußball ein Haifischbecken ist. Für den Frauenfußball gibt es hingegen außerhalb der Stadien kaum professionelle Strukturen, die den Spielerinnen auch ohne taktische Traineranweisungen Orientierung geben und Möglichkeiten aufzeigen. Dabei wächst der Bedarf an professioneller Beratung und Betreuung stetig. „Frauenfußball ist die am schnellsten wachsende Sportart in Deutschland“, sagt Philipp Schober. Der 28-jährige Unternehmer und Sportmanager hat gemeinsam mit den beiden Ex-Fußballerinnen „mainsoccer“ gegründet, führt die Geschäfte von München aus, während Omilade in Berlin und Pohlers in Wolfsburg agieren. 1,2 Millionen Mädchen und Frauen spielen in Deutschland Fußball, die Bundesliga gewinnt an Professionalität, hat seit dieser Saison und erstmals in der Geschichte des Deutschen Fußballbundes ihr Namensrecht an einen Sponsor verkauft und bekommt auf „Eurosport“ wöchentlich das Top-Spiel der Liga übertragen. Der öffentliche Fokus auf die Spielerinnen wird größer und schärfer. „Gleichzeitig braucht es Partner, die sich professionell um die Perspektiven der Spielerinnen kümmern“, sagt Schober und ergänzt: „In allen Bereichen, in einem 360-Grad-Radius.“
Omilade war 15 Jahre in der Frauenbundesliga zu Hause, Pohlers stürmte 20 Jahre nur für die deutschen Top-Klubs und in den USA über die Fußballplätze. Das Fußball-Abc auf und neben der Spielwiese kennen beide mit all seinen Facetten: von Angeboten bis Vertragsverhandlungen, von Berufungen in den Nationalkader bis Vereinswechsel, von Höhenflug bis Karriereknick. Mit „mainsoccer“ wollen sie Spielerinnen und Vereinen helfen – bei der individuellen Planung und Entwicklung der Karriere bis hin zur PR- und Medienberatung. „Dabei können wir eigene Lösungen anbieten oder die unserer Partner“, sagt Schober und verweist auf ein wachsendes „mainsoccer“-Netzwerk von Experten für Marketing oder Travelmanagement oder auf Gebieten der Ernährungsberatung, Sportprävention und -therapie. „Dabei wollen wir keinesfalls in bestehende Strukturen eines Vereins eingreifen, sondern da ansetzen, wo Bedarf nötig ist“, betont Schober.
Als „absolut positiv“ beschreibt Omilade die Resonanz, die sie bislang auf die Gründung ihrer Agentur bekommen haben. Ehemalige Nationalmannschaftskolleginnen bestärken sie, es sei an der Zeit gewesen, dass ehemalige Spielerinnen ins professionelle Beratergeschäft einsteigen. Auch in den Vereinen, in denen sie bislang ihr Konzept vorgestellt haben, gebe es wohlwollendes Echo. Mehr noch: Was Pohlers und Omilade früher als Blitztor beschrieben hätten, ist heute der erste erfolgreiche Geschäftsabschluss: Nur anderthalb Monate nach der Gründung vermeldet „mainsoccer“, dass die Agentur für einen Bundesligisten die gesamte nationale Vermarktung übernehmen wird. Um wen es sich dabei handelt, wollen Agentur und Verein in einer gemeinsamen Erklärung in Kürze bekannt geben.
Vor allem die Karriere nach der Karriere ist für die „mainsoccer“-Berater ein wichtiges Thema. „Es wird viel darüber gesprochen, man findet viele Meinungen, aber wenig konkrete Angebote“, meint Schober. Pohlers und Omilade haben beide Sportmanagement studiert und sich dort für ihren Job das theoretische Rüstzeug geholt, das mit ihrer Agentur nun seinen Praxistest erfahren soll.
Früh zu wissen, wie es später weitergeht, gebe Sicherheit auf dem Karriereweg, sagen die Ex-Nationalspielerinnen. Sie selbst habe sich schon zu Beginn ihrer Karriere Gedanken gemacht, was sie beruflich machen wolle, sagt Pohlers. „Mir war immer klar, dass Profi-Fußball ein schnelllebiges Geschäft ist. Schon mit einer Verletzung kann alles vorbei sein“, sagt die 35-Jährige. Doch sie wisse auch, dass es für viele junge Spielerinnen „gar nicht so einfach ist, das Richtige zu finden, wenn sie die meiste Zeit mit Training und Wettkampf verbringen“. Auch sie wurde nicht wirklich beraten, wie sie die Zeit nach der Karriere füllen soll. Vielmehr war es ihre „soziale Ader“, wie sie sagt, die bei der Berufswahl Pate stand und sie nach der Zeit in der Sportfördergruppe der Bundeswehr eine Ausbildung zur Erzieherin begann.
Dass Pohlers und Omilade schon zu ihrer aktiven Fußball-Zeit, in der sie auf Auswärtsfahrten und Turnieren oft das Zimmer teilten, über eine eigene Berateragentur sinnierten, belegt: Irgendwie hatten sie auch da schon den richtigen Riecher. Jetzt heißt es für Pohlers und Omilade auf neuer Spielwiese, was sie auf dem Fußballplatz bestens konnten: Gut vorbereiten und möglichst erfolgreich abschließen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: