
© Ernst Eichgrün/Potsdam Museum
Zeppeline über Potsdam: Auf Spurensuche zum 100. Todestag von Graf Zeppelin
Heute vor 100 Jahren starb Ferdinand von Zeppelin. Mit seinen Luftschiffen hat er auch an der Havel Spuren hinterlassen.
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Potsdam - Das Ende musste er nicht mehr miterleben. Die Katastrophe. Den gigantischen Feuerball: Als im amerikanischen Lakehurst am 6. Mai 1937 das Luftschiff „Hindenburg“ bei der Landung verunglückte und 36 Menschen in den Tod riss, war der bekannteste Luftschiffkonstrukteur aller Zeiten, Ferdinand von Zeppelin, bereits 20 Jahre tot.
Heute vor 100 Jahren, am 8. März 1917, starb der Luftfahrtpionier im einstigen Westsanatorium in Charlottenburg. Zeppelin, württembergischer Graf mit Erfindergeist, hatte vor allem eines: Durchhaltevermögen. „Er hat ja wirklich fünf Jahrzehnte lang zäh wie Hosenleder an die Sache geglaubt“, sagt Publizist Gunter Haug. Der Historiker hat vor einigen Jahren einen Tatsachenroman über den 1838 in Konstanz geborenen Ferdinand von Zeppelin geschrieben, dessen Luftschiffe auch in Potsdam gebaut wurden.
Zunächst viel Spott für Zeppelin
Für seine Luftschiff-Idee erntete Graf Zeppelin um die Jahrhundertwende zunächst viel Spott. Als „Narr vom Bodensee“ war er in der Bevölkerung verschrien, spöttisch nannte man ihn den Luftgrafen. Und Kaiser Wilhelm II. verstieg sich gar dazu, Zeppelin als den Dümmsten aller Süddeutschen zu betiteln. Der preußische Monarch habe den Grafen „für einen totalen Idioten gehalten“, sagt Haug. Dabei hatte Zeppelin schon in den 1860er-Jahren als Beobachter des amerikanischen Sezessionskrieges gesehen, wie man die Fahrten in Ballons militärisch nutzen kann. Aber dass diese imposanten Luftfahrzeuge vollkommen abhängig von der Windrichtung waren, erkannte er freilich als ein Problem. Auch im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 beobachtete Zeppelin, der viele Jahre in militärischen Diensten stand, wie die Franzosen Ballons zur Kriegsführung einsetzten. Später, als württembergischer Gesandter in Berlin, empfahl er den Bau von lenkbaren Luftschiffen zu militärischen Zwecken.
Zeppelin in Flammen - der Erfinder habe Rotz und Wasser geheult
Der Traum des Grafen wurde schließlich Wirklichkeit: Im Jahre 1900 stieg sein erstes Luftschiff, das 128 Meter lange LZ 1, über dem Bodensee auf. Aber zum echten Durchbruch verhalf ihm merkwürdigerweise erst das Unglück von Echterdingen acht Jahre später. Der Graf war mit seinem Luftschiff LZ 4 am 4. August 1908 zu einer 24-Stunden-Fahrt aufgebrochen. Wegen technischer Probleme musste man jedoch zwischenlanden. Die Nachricht von der Landung in Echterdingen muss sich damals in Windeseile herumgesprochen haben. 50 000 Schaulustige seien herbeigeeilt, um das zigarrenförmige Gefährt zu bestaunen, sagt Haug. Doch dann kam am nächsten Tag ein Gewitter auf, eine Böe habe das geparkte Luftschiff aus der Verankerung gerissen, so Haug. Zumindest eine Wasserstoffzelle wurde dadurch beschädigt und im Nu stand das mit 15 000 Kubikmetern Wasserstoffgas gefüllte Luftschiff in Flammen. Glücklicherweise kam dabei niemand ums Leben. Zeppelin selbst habe „Rotz und Wasser geheult“, berichtet Haug. Doch das Unglück hatte eine positive Seite: Die aus Anlass dieser Havarie gestartete „Zeppelinspende des deutschen Volkes“ erbrachte noch im selben Jahr über sechs Millionen Mark. Damit war der Grundstock geschaffen für den Bau weiterer Luftschiffe.
Zeppelin war keinesfalls der einzige Konstrukteur von Luftschiffen, aber offenbar der erfolgreichste und der berühmteste dieser Gilde, sodass sein Name ein Synonym für Luftschiff wurde. Immer weiter entwickelte er seine Technik. Befand sich der zum Auftrieb nötige Wasserstoff anfangs noch in Zellen aus Gummi, so ersetzte man diesen später durch sogenannte Goldschlägerhaut – eine Hautschicht von Rinderblinddärmen. Klar, dass für die Riesengefährten viele Rinder vonnöten waren: 250 000 Tiere brauchte man für ein Luftschiff etwa im Durchschnitt, sagt Haug. In den Schlachthöfen sei kräftig gesammelt worden.
Zeppelinstraße und Luftschiffhafen erinnern in Potsdam an diese Zeiten
In Potsdam erinnern noch heute der Luftschiffhafen und die Zeppelinstraße an diese Zeiten. Im Archiv der in Friedrichshafen sitzenden Luftschiffbau Zeppelin GmbH verwahrt man noch heute historische Dokumente aus der Zeit von vor 100 Jahren – sowie eine Diplomarbeit des Potsdamer Fachhochschulabsolventen Michael Steinke. Er hatte vor über zehn Jahren zur Geschichte des Potsdamer Luftschiffstandorts geforscht. Demnach hatte die Deutsche Luftschifffahrtsgesellschaft Delag, die die Zeppeline betrieb, bereits im Jahre 1909 in ganz Deutschland nach Standorten in der Nähe von Großstädten gesucht. Die Stadt Potsdam habe noch im August desselben Jahres das 25 Hektar große Gelände an der Pirschheide als mögliche Fläche ins Spiel gebracht. Schließlich schloss sie mit der Luftschiffbau Zeppelin GmbH 1911 einen Pachtvertrag über das Areal ab, auf dem sich heute Sportstätten und das Potsdamer Kongresshotel befinden. Während das repräsentative Tor zum Luftschiffhafenareal noch vorhanden ist, existiert die große Halle, in der zwei Luftschiffe Platz finden konnten, heute nicht mehr.
Im November 1912 wurde die riesige Luftschiffhalle mit der Ankunft der LZ 13 „Hansa“ eingeweiht. Auch ein 6000 Kubikmeter fassender Gasometer gehörte zur Potsdamer Anlage. Von 1912 bis 1914 fand von hier aus ein ziviler Fahrbetrieb der Delag statt, ab 1913 gewann der Standort aber auch Bedeutung für die militärische Nutzung der Luftschiffe. Insgesamt wurden Steinkes Forschungen zufolge in Potsdam 16 Luftschiffe gebaut, bis die Fertigung nach Staaken verlegt wurde. In Potsdam verblieb ab 1916 nur noch ein Reparatur- und Wartungsbetrieb. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wurde Deutschland der Luftschiffbau verboten. 1922 riss man die Potsdamer Halle ab und verkaufte sie als Bahnhofsgebäude nach Spanien.
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