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Landeshauptstadt: Auf T-Shirt-Spuren

Warum eine Modefirma aus Schwenningen sich Nastrovje Potsdam nennt

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Warum eine Modefirma aus Schwenningen sich Nastrovje Potsdam nennt Potsdam ist die absolute Ausnahme. In anderen ostdeutschen Städten kommt „Nastrowje Potsdam“ fantastisch an, nur an Potsdamer Shops wird sie die Produkte aus Schwenningen nicht los. Man kann förmlich sehen, wie Brenda Boos, Handelsvertreterin aus Berlin, beim Telefonieren verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Sexy Wäsche, witzige T-Shirts, bunte Bikinis, freche Kleider und Trainingsjacken. Die Kollektionen von Nastrovje Potsdam und den zu Nastrowje Potsdam gehörenden Labels Pussy Deluxe und Vive Maria sind wohl zu sportlich für die Kunden aus der Sanssouci-Stadt, schätzt sie. „Da trauen sie sich nicht ran.“ Dabei scheinen die Kollektionen wie für die Stadt gemacht – und haben doch nicht viel mehr als einen zufälligen Augenblick mit ihr gemein. Gut zwanzig Jahre ist es her. Zwei Chefs eines gut laufenden Plattenladens, Frank Schilling und Joachim Schiefer, kamen mit Bands in Kontakt und auf die Idee, T-Shirts mit Musikernamen zu bedrucken. Schon bald lief auch das gut. Sie machten Shirts für Festivals, für Touren, konnten bald solch große Namen wie Westernhagen, Die Ärzte, Bad Religion auf bunte Baumwolle bannen. Alles wie gemacht für ein eigenes T-Shirt-Label, dachten sich die Plattenladenbesitzer und begannen nach einem Namen für ihr Vorhaben zu suchen. Damals in einem Restaurant in Potsdam. Sie hätten genauso gut auch in einer anderen Stadt sitzen können, als sie sich zuprosteten: „Nastrovje“, „Nastrovje Potsdam“. Der Name war geboren. Mittlerweile ist die Firma auf 25 Mitarbeiter in Schwenningen und einige Berliner Designer angewachsen ist, erzählt Pressefrau Astrid Weidenhof. Das Unternehmen ist erfolgreich, darf sich Logos von NIL, Afri Cola und Ramazzotti Milano auf ihre Stoffe drucken. Und immer wieder wird es auf seinen ungewöhnlichen Namen angesprochen. „Nicht schlecht“, sagen viele oder fragen nach, was es mit Nastrovje Potsdam auf sich hat. Dann erzählt die Pressefrau die kleine Anekdote aus vergangenen Zeiten. Etwas anderes nämlich gibt es nicht zu erzählen. Die Firma aus dem Schwarzwald hat so wenig mit Potsdam oder Russland zu tun wie mit China. Die Kollektionen werden ausschließlich in der Türkei produziert. Und doch lassen sich von den frechen, bunten Stoffen auch Spuren in Potsdam finden. Im Jeansclub „G 19“ in der Garnstraße in Babelsberg. Alle Labels der Firma hat Susanne Kaiser in ihren Regalen liegen. Buntes, Kurzes, Freches. Seit die Sachen auch im Internet verkauft werden, kommen aber viele nur noch zum Anprobieren in den Laden. Auf der Vertriebsliste von Nastrowje Potsdam stehen zwei weitere Shops im Stern-Center. Das „Fast Forward“ hat die drei Labels aus dem Sortiment genommen, erzählt die Verkäuferin. Tolle Holz-Verpackungen, prima als Weihnachtsgeschenk, aber sonst sind die schicken Sachen nicht über den Verkaufstresen gegangen. Im „Brando 4“ hingegen laufen die Labels immer besser. „Niedliche Sachen“, findet die Verkäuferin, „die Leute haben endlich Mut, Ausgefallenes zu tragen.“ Langsam kommt Nastrowje Potsdam doch noch in Potsdam an. Marion Hartig

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