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Landeshauptstadt: Aufatmen beim Reitverein: Gelände gekauft Für rund 136 Mitglieder besteht nun Sicherheit für die nächsten Jahre/Arbeit mit Kindern wird groß geschrieben

Von Hella Dittfeld Über 130-mal wurde aufgeatmet. Die Mitglieder des Potsdamer Reitvereins e.

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Von Hella Dittfeld Über 130-mal wurde aufgeatmet. Die Mitglieder des Potsdamer Reitvereins e. V. haben endlich ein sicheres Zuhause. Und es kann an die Sanierung des etwa 25000 Quadratmeter großen Geländes samt Stallungen, Reithallen und mehrstöckigem Haupthaus gedacht werden. Von neuer Zaunsetzung bis zum Innenausbau ist da einiges zu tun. Vera Meyer, Tochter der Vereinsvorsitzenden Ursula Zakrzewski, und ihr Mann Ralf haben das Gelände an der Drewitzer Straße zu günstigen Konditionen vom Land gekauft, nachdem alle anderen Versuche, es gemeinsam mit weiteren Sportvereinen zu nutzen, fehlgeschlagen waren. Voraussetzung für den Kaufvertrag war die Sicherung der Vereinsnutzung auf mindestens 15 Jahre. Von Voltigieren bis Fünfkampf Doch so pferdenärrisch wie die gesamte Familie Zakrzewski/Meyer ist, auch Enkelin Charleen reitet inzwischen, hat der Verein wohl unbefristete Chancen, dort seine anerkannt gute Kinder- und Jugendarbeit fortzuführen und natürlich auch Erwachsenen Reitstunden zu geben. Von den derzeit 136 Vereinsmitgliedern sind 38 Kinder zwischen 7 und 14 Jahren. Reitunterricht gibt es allerdings erst ab neun, zehn Jahre. Davor ist Mitarbeit in der Voltigiergruppe angesagt. Die 13 dem Verein gehörenden Schulpferde sind gut ausgebildet und ertragen auch die Unsicherheiten von Anfängern geduldig. Und obwohl eines der Voltigierpferde Diabolo heißt, es hat ein echtes Schaukelpferdgemüt und lässt sich von der quirligen Truppe nicht aus der Ruhe bringen. Fünf Voltigiergruppen gibt es. Dazu noch Behindertensport mit heilpädagogischem Reiten. Auch der Olympische Sportclub Potsdam schickt seine Fünfkämpfer in die Drewitzer Straße, damit sie dort ihr Spezialtraining absolvieren. Sie leihen sich Pferde des Vereins aus, verlangen ihnen dann aber einiges ab. Darüber hinaus sind einige Boxen vermietet an Privatleute mit eigenem Pferd. Neben den Pferden hat übrigens auch noch anderes Getier Unterschlupf beim Verein gefunden. Dazu gehört unter anderem Esel Barcarole, der zum Maskottchen avanciert ist. Pferdewechsel schult Fünf lizenzierte Trainerinnen leiten die Kinder und Jugendlichen an und wer von den Lernenden besonders gut ist, schafft es auch selbst schon mal zum Übungsleiter. Robert Krause brachte es 2003 sogar zum Berittführer. Er ist Agrarwissenschaftsstudent und verdient sich mit der Anleitung der Lütten etwas Taschengeld nebenher. „Perfekt bin ich noch lange nicht“, meint er, „aber den anderen so viel voraus, dass ich mein Wissen weitergeben kann.“ Und so setzt sich das Können von einer Gruppe zur anderen fort, beginnt bei der zehnjährigen Lea, die gerade ihren Unterricht aufgenommen hat und reicht bis zur 16-jährigen Caroline, die am liebsten mit Wallach Abadan zeigt, was sie kann. Anspruch auf ein ganz spezielles Pferd hat jedoch niemand und Caroline ist auch gar nicht traurig darüber. „Das schult, wenn man die Pferde wechselt und immer wieder mit einem neuen Temperament klar kommen muss.“ Von Temperament liefert Abadan übrigens gerade eine eigene Kostprobe ab. Er ist so übermütig, dass ihm die Haferration gekürzt wurde. Es ist also nicht nur ein Sprichwort, dass die Pferde manchmal der Hafer sticht. Für das Austragen von Turnieren ist das Gelände an der Drewitzer Straße nicht geeignet, doch wenn das Wetter erst wieder besser wird, kann auf einem Parcour trainiert werden. Die besten der Reitschüler nehmen dann an Turnieren anderer Vereine teil. Der Ehrgeiz hält sich allerdings in Grenzen. Höher als bis zur Teilnahme an A- und E-Turnieren liegt die Messlatte nicht. Im Winter ist in zwei Reithallen genug Platz fürs Training rund ums Jahr, egal ob es stürmt oder schneit. Die Seele vom Ganzen Kümmert sich die Vereinsvorsitzende vor allem um die Geschäfte und die administrativen Aufgaben des Vereins, so ist Sigrid Gschwantner die praktische Seele vom Ganzen und für alles vom Ausmisten bis zu Reitstunden für Fortgeschrittene zuständig. Sie ist die einzige Festangestellte des Potsdamer Reitvereins. Sie sorgte sich aber auch schon um das Wohl und Wehe der Vereins-Vorgängerin, um die Sportgemeinschaft DEFA Babelsberg. Eigentlich hatte Sigrid einen ganz anderen Lehrberuf, doch die Liebe zu den Pferden packte sie beizeiten. Bereits 1957 sattelte sie um und wurde Pferdepflegerin, Stallmeisterin und Trainerin in einem. 1966 erwarb sie ihren Trainerschein und bekam ihn auch nach der Wende verlängert, nachdem sie in einigen Seminaren bewiesen hatte, dass auch DDR-Wissen etwas taugt. Für Sigrid Gschwantner gehörten die Pferde bald zur Familie, sind auch heute noch ihre Kinder. Ehe sie sich ihre abendliche Ruhe gönnt, wird Box für Box nachgeschaut, dass es auch jedem gut geht. Mit ihr spielt übrigens niemand Pferd, wenn Sigrid etwas sagt, dann sollte man sich tunlichst danach richten. Aber auch für diese Pferdenärrin heißt es bald, etwas kürzer zu treten. Sie feierte gerade ihren 61. Geburtstag und will übers Jahr wenigstens die Schwerstarbeit an einen jüngeren Nachfolger delegieren. Doch so ganz ohne Sigrid Gschwantner wird es wohl noch lange nicht gehen. Von der Putzfrau bis zum Professor Die größte Mitgliedergruppe der Vereins sind die 15- bis 18-Jährigen (48), der Rest Erwachsene. Der Preis für die Unterrichtsstunden hält sich in bezahlbaren Grenzen, eine Reitstunde kostet zwischen 4 und 10 Euro. Dabei soll es auch vorläufig bleiben. Und so sind von der Haushaltshilfe bis zum Professor alle Berufe in der Mitgliederliste vertreten. Damit es bei all der beruflichen Anspannung einen guten Zusammenhalt gibt, werden einmal jährlich Vereinsfeste organisiert. Doch auch so bleibt dabei, „wer einmal der Faszination Pferd erlegen ist“, meint die Vereinsvorsitzende. Sie selbst erfüllte sich ihren geheimen Reitwunsch erst relativ spät. Seit 1996 sitzt sie auf des Pferdes Rücken. Ihre Tochter, die schon zu DDR-Zeiten bei der BSG DEFA reiten lernte, musste erst ein bisschen nachhelfen. „Beim Reiten spielt das Alter kaum eine Rolle“, meint sie. „Man darf nur keine Angst haben.“ Acht der Vereinsmitglieder sind über 50 Jahre, Ursula Zakrzewski sogar schon über 60. Es wartet viel Arbeit Die Meyers haben sich mit dem Kauf des Geländes einiges aufgeladen, denn wegen der unklaren Zukunft konnte der Reitverein keine größeren Sanierungen in Angriff nehmen. Man musste also auskommen mit dem, was vom Vorbesitzer hingestellt worden war. Inzwischen ist der Zaun eingefallen, das Freigelände versteppte, Sprayer haben sich verewigt. Das Haus steht seit 1996 leer und bedarf dringend der Sanierung. Es soll zu Mietwohnungen umgebaut werden. Der Bauantrag sei eingereicht, so Vera Meyer. „Wir müssen etwas auf die Reihe bringen“, meint sie. „Bisher hat der Kauf nur etwas gekostet. Es muss aber auch wieder Geld hereinkommen.“ Das Ehepaar hat dabei ein großes Plus, denn es kann auf eigenes Firmen-Knowhow zurückgreifen. Ralf Meyer hat eine Trockenbau-, seine Frau eine Malerfirma und die können beide einige Arbeiten übernehmen.

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