Landeshauptstadt: Aufholjagd mit angezogener Handbremse Potsdam verbessert sich im Dynamik-Ranking großer deutscher Städte um einen Platz
Potsdam ist lebenswert, bei Touristen beliebt und hat eine hohe Beschäftigungsquote, doch die im Bundesvergleich geringe Wirtschaftsleistung bremst die zuletzt rasante Aufholjagd. Bei der Produktivität seiner Arbeitnehmer ist die Stadt im Vergleich zu anderen größeren Städten wie Stuttgart, Wolfburg oder Ingolstadt sogar weit abgeschlagen.
Stand:
Potsdam ist lebenswert, bei Touristen beliebt und hat eine hohe Beschäftigungsquote, doch die im Bundesvergleich geringe Wirtschaftsleistung bremst die zuletzt rasante Aufholjagd. Bei der Produktivität seiner Arbeitnehmer ist die Stadt im Vergleich zu anderen größeren Städten wie Stuttgart, Wolfburg oder Ingolstadt sogar weit abgeschlagen. Das ist das Ergebnis des Städterankings 2013 des Wirtschaftsmagazins Wirtschaftswoche, des Immobilien-Onlineportals Immobilienscout 24 und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Demnach belegt Potsdam im Vergleich 71 deutscher kreisfreier Städte mit mehr als 100 000 Einwohner Platz 21. Mit Blick auf die Entwicklung in den vergangenen sechs Jahren schafft es die Stadt immerhin unter die besten 15, verbessert sich aber nur um einen Platz auf Rang 12.
Dem sogenannten Niveau-Ranking und dem Dynamik-Ranking zugrunde liegen Einzelbewertungen zu insgesamt 90 Indikatoren aus den Bereichen Immobilienmarkt, Lebensqualität, Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstruktur. In die Bewertung flossen der Arbeitsmarkt zu 40 Prozent, die Wirtschaftsstruktur zu 30 Prozent, der Immobilienmarkt zu 20 Prozent und die Lebensqualität zu zehn Prozent ein. Sowohl im Vergleich des Niveaus, also des Ist-Zustandes, als auch bei der Gegenüberstellung der Entwicklung besonders überzeugt haben die vier mittelgroßen Städte Wolfsburg, Ingolstadt, Erlangen und Regensburg. Die vier belegen sowohl im Niveau-Ranking als auch im Dynamik-Ranking vordere Plätze und zeigen nach Meinung der Autoren, was Erfolg ausmacht: ein überdurchschnittlicher Anteil zukunftsträchtiger und exportstarker Industrien, wie zum Beispiel Medizintechnik, Automobilwirtschaft oder Optik, sowie Forschung und Innovationen. Bezeichnend sei, dass im Niveau-Ranking mit München auf Platz eins, gefolgt von Ingolstadt, Wolfsburg und Stuttgart auf den Plätzen vier und fünf gleich vier deutsche Automobilbauer-Städte unter den Top Ten seien, sagte der Chefredakteur der Wirtschaftswoche, Henning Krumrey, bei der Präsentation des Rankings am Freitag in Berlin. „Deutschlands Stärken liegen in der Provinz. Das lässt sich recht gut sehen.“ Allerdings berge die Abhängigkeit von Monostrukturen auch Gefahren.
Die im Bestandsvergleich bestplazierte ostdeutsche Stadt ist Jena auf Platz 13, gefolgt von Potsdam. Cottbus, neben Potsdam die einzige bewertete Stadt aus Brandenburg, landet auf Rang 62, Berlin auf Platz 45. Der brandenburgischen Landeshauptstadt halten die Autoren der Studie besonders den hohen Grad der Beschäftigung von über 55-Jährigen zugute. Immerhin gut die Hälfte dieser Altersgruppe steht in Potsdam in Arbeit. Der Schnitt der 71 untersuchten Städte liegt bei 42 Prozent. Ebenfalls positiv bewertet wird die große Zahl der Schulabgänger mit erlangter Hochschulreife. Der Städteschnitt liegt hierbei bei knapp 41 Prozent. Potsdam kommt sogar auf knapp 60 Prozent. Wenig vorteilhaft ist laut Studie der unterdurchschnittliche Anteil von Ingenieuren, gerade mal 1,9 Prozent bei einem Mittelwert im Ranking von drei Prozent. In Wolfsburg ist jeder zehnte Beschäftigte Ingenieur, das Bruttoinlandsprodukt ist rund viermal so groß wie das von Berlin. Bei der Produktivität landet Potsdam sogar nur auf Platz 66.
Punkten konnten in der Vergangenheit die ostdeutschen Städte aber vor allem im Dynamik-Vergleich. Von 2009 zu 2011 etwa hatte sich Potsdam um sieben Ränge von Platz 20 auf Platz 13 verbessert. Mittlerweile hat sich den Autoren zufolge der Schwung aber abgeschwächt. Zum einen werde es zunehmend schwieriger, sich zu verbessern, je weiter oben man steht, erläuterte IW-Experte Michael Bahrke. Zum anderen sei vor allem in Potsdam die geringe Wirtschaftskraft „ein bisschen der Hemmschuh, dass es nicht mehr so dynamisch nach oben geht“. Negativ verbuchten die Atoren auch die verschlechterte Aufklärungsquote bei Straftaten. Diese sei um 5,3 Prozent zurückgegangenen, heißt es. Bei diesem Indikator landet Potsdam im Dynamik-Ranking ebenfalls nur auf Platz 63.
Zu den großen Vorteilen Potsdams zählt nach Bahrkes Einschätzung die Nähe zu Berlin, die Beliebtheit als Tourismusort, der nach wie vor starke Zuzug, der hohe Grad der Kita-Versorgung und der relativ geringe Anteil von Privatinsolvenzen. Bis auf die Wirtschaftskraft seien die Bewertungen damit weitgehend positiv, so Bahrke. „Eine Dynamik ist nach wie vor messbar“, beruhigte der IW-Experte.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: