Von Kay Grimmer: Aufregung um die Weihnachtspredigt
Potsdamer Pfarrer kennen keine Fest-Routine, die eigene Feier wird nachgeholt
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Weihnachten steht vor der Tür und die PNN würdigen die nahende Ankunft des weißbärtigen Alten im roten Gewand mit einer Serie – vom richtigen Potsdam-Geschenk über die besten Weihnachtsrezepte bis zur gehaltvollsten Predigt zum Fest. Heute Folge Drei: Die Weihnachtspredigten in Potsdamer Kirchen.
Potsdam sucht die Religion – zumindest am Heiligen Abend. Sämtliche Gemeinden, ob protestantisch oder katholisch, richten sich am 24. Dezember auf den gewohnten Ansturm auf die Gottes- und Gemeindehäuser ein.
Als „Aufregungspunkt“ für alle Geistliche bewertet der Diakon Matthias Stempfle der evangelischen Kirchengemeinde am Stern die Weihnachtspredigt. „Langweile oder Routine dürfte zu Weihnachten bei kaum einem Pfarrer aufkommen“, glaubt Stempfle. Schließlich sei es auch nicht leicht, „die riesige Bandbreite der Besucher an dem Nachmittag und Abend“ unter einen Hut zu bringen und die Wünsche des Publikums zu bedienen. Die Kerngemeinde erwarte eine theologisch geprägte Predigt, die traditionellen Nur-Heilig-Abendbesucher würden Weihnachtsstimmung erwarten, andere wiederum Stille und Einkehr. „Das ist beim Schreiben der Predigt eine gruppendynamische Herausforderung“, meint Stempfle, der in seiner Feier zu Heiligabend am Schlaatz allerdings noch weitere Herausforderungen zu bestehen hat.
Denn sein Kiezgottesdienst ab 16.30 Uhr im Saal des Bürgerhauses ist keine klassische Kirchenveranstaltung, auch wenn Stempfle eine Predigt hält. „In der nehme ich natürlich auch Bezug auf die besonderen sozialen Gesichtspunkte im Stadtteil“, verweist Stempfle auf das Neubaugebiet, in dem auch einige sozial benachteiligte und einsame Menschen leben. Auch Asylheim-Bewohner kamen in den vergangenen Jahren zur gemeinsamen Andacht und zur Feier. „Spannend war dabei zu sehen, dass viele der deutschen Gäste eigentlich ganz ruhig und in Stille feiern mochten, während die Afrikaner tanzen wollten, auf Party aus waren“, erinnert sich Stempfle an das vergangene Jahr. Der Familienvater feiert selbst erst am ersten Feiertag richtig Weihnachten. „Am 24. Dezember gibt es wohl am frühen Nachmittag die Geschenke für die Kinder, damit die nicht allzu lange warten müssen – und tags darauf wird mit den Großeltern gefeiert.“
Ähnlich ergeht es Martin Kwaschik, Pfarrer in der evangelischen Erlöser-Gemeinde in Potsdam-West. Sein Heiligabend wird zur Heiligen Nacht. Erst nach der dritten Veranstaltung, der Musik zur Christnacht, weit nach 23 Uhr, wird Kwaschik selbst Weihnachten feiern. „Diese Zeit brauche ich aber, um nach Heiligabend runterzukommen.“ Selbst nach 20 Jahren Predigtdienst ist die Weihnachtsansprache für ihn etwas Besonderes, „vor allem, wenn man wie ich eher situativ statt konventionell predigt“. Allerdings wird Kwaschiks Predigt zum Gottesdienst mit Krippenspiel am Nachmittag des Heiligabends sehr kurz ausfallen – aus Rücksicht auf die vielen Kinder. Immerhin bis zu 800 Besucher kommen zu jeder der drei Gottesdienst-Veranstaltungen, die Kwaschik ab 15 Uhr leitet. Sein Predigt-Thema: „Bleib’ der Erde treu.“ Es sei ein „altes Thema, aber in diesem Jahr sehr aktuell, so Kwaschik. „Ich will schon die Frage stellen, welche Grundwerte wir vermitteln wollen.“
Gottesdienste an Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen im Internet unter www.evkirchepotsdam.de und www.erzbistumberlin.de
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