Sport: Ausgang offen
In Kienbaum wollen morgen sowohl Siegfried Kirschen als auch Christoph Schulze zum Präsidenten des Fußball-Landesverbandes gewählt werden
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Alter Zopf oder frischer Wind – diese Frage stellt sich dieser Tage mancher Fußballfunktionär im Land Brandenburg, wenn er an den morgen beginnenden 5. Ordentlichen Verbandstag des Fußball- Landesverbandes (FLB) in Kienbaum denkt. Dort wird es zu einer Kampfabstimmung um das Amt des Präsidenten kommen: Siegfried Kirschen (63) aus Bad Saarow, seit 1990 ununterbrochen im Amt, will weitere vier Jahre ranhängen – Christoph Schulze (41) aus Zossen will ihn an der Verbandsspitze ablösen (PNN berichteten).
„Im Verband ist eine Wechselstimmung spürbar“, glaubt Dieter Wolff. Der 66-jährige Potsdamer war von der FLB-Gründung 1990 bis zum Frühjahr dieses Jahres Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses und ist jetzt noch als Chef-Ansetzer der Referees dessen Mitglied. „Ich habe mich Ende April nicht noch einmal wählen lassen, weil 16 Jahre in dieser Funktion genug waren. Danach hat man sich abgenutzt. Das gilt auch für Siegfried Kirschen.“ Deshalb zählt Wolff auch zu den Befürwortern Schulzes, der erst in der vergangenen Woche seinen Hut in den Ring geworfen hatte und seitdem durch die Fußball-Kreise tourt, um sich dort vorzustellen. In vielen war er bereits; gestern beispielsweise in Märkisch Oderland, Oder/Neiße und Niederlausitz, am Tag davor unter anderem im Fußballkreis Havelland-Mitte. Dessen Vorsitzender Hartmut Lenski gab sich gestern auf Anfrage bedeckt. „Derzeit herrscht Wahlkampf, deshalb will ich nur so viel sagen: Das wird ein spannender Wahlgang“, erklärte der Werderaner.
Kritiker werfen Amtsinhaber Kirschen eine gewisse Selbstherrlichkeit im Amt vor und bringen dafür unter anderem dieses Beispiel vor: Als es Ende November 2004 auf dem 5. Verbandstag des Nordostdeutschen Fußball-Verbandes in Dabendorf um die Wahl des Schiedsrichterausschuss-Vorsitzenden zwischen Amtsinhaber Günter Supp (Meiningen) und Gerhard Mewes aus Eichwalde ging, erklärte plötzlich NOFV-Präsident Hans-Georg Moldenhauer, Brandenburg habe die Mewes-Kandidatur zurückgezogen – obwohl sich die Delegierten des Landes erst in der Mittagssitzung trotz Kirschens emsigem Werben für Supp zugunsten der Mewes-Kandidatur ausgesprochen hatten.
„Das war ein niederträchtiges Verhalten“, erklärt nun Dieter Wolff, der damals aufstand und erneut Mewes zur Wahl vorschlug – die dieser dann auch gewann. „Die Beschlüsse eines Verbandes kann sein Präsident nicht plötzlich kippen“, sagt Wolff. Und Ingo Kahlisch, langjähriger Trainer des FSV Optik Rathenow, wirft dem einstigen FIFA- Schiedsrichter Kirschen „Basisferne“ vor und plädiert ebenfalls für Schulze. Dem Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion fehlt allerdings der „Stallgeruch“ der Fußball-Szene.
Wenn morgen die 180 stimmberechtigten Delegierten – zu denen auch Schulze gehört und die über 100 000 Mitglieder aus 724 Vereinen vertreten – den Präsidenten für die kommenden vier Jahre wählen werden, scheint derzeit alles möglich. Bei der Gründung des FLB 1990 in Potsdam hatte sich Kirschen gegen den damaligen Vorsitzenden des Bezirksfachausschusses Potsdam, Heiner Schülke, durchgesetzt. 1998 und 2002 war Kirschen auch aus Kampfabstimmungen mit Gegenkandidat Detlev Leissner aus Bad Liebenwerda als Sieger hervorgegangen. Im Vorfeld des 5. Verbandstages hat er ebenso wie Schulze seine Befürworter. „Der Ausgang der Wahl“, meint Hartmut Lenski, „ist aus meiner Sicht völlig offen.“
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