
© Alexander Janetzko
Von Undine Zimmer: Ausländer bedient sie nicht
Der HFF-Abschlussfilm „Kriegerin“ ist der erste deutsche Spielfilm über junge Frauen in der rechten Szene
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Mulmig wurde David Falko Wnendt nur einmal. Als die junge Frau, mit der er sich im Internet verabredet hatte, zum ersten Treffen ihren Skinheadfreund mitbrachte. Wnendt hatte Tage lang Frauen in rechtsextremen Kontaktbörsen angeschrieben. Diejenigen, die bereit waren ihn zu treffen, wussten genau was er von ihnen wollte. Sie sollten ihm ihre Lebensgeschichte erzählen. Aus fünf langen Interviews hat David Falko Wnendt das Drehbuch für „Kriegerin“, seinen Abschlussfilm an der HFF Potsdam geschrieben. Seit Anfang Oktober sind alle Szenen im Kasten. Und jetzt wird an der HFF in Potsdam geschnitten. Es ist ein Film über junge Frauen aus der rechten Szene in Brandenburg geworden. Mit „Kriegerin“ macht nicht nur David Falko Wnendt seinen Abschluss im Fach Regie. „Kriegerin“ ist auch Diplomfilm von Paul Rischer als Ton-Ingenieur, Sophie Stäglich in der Produktionsleitung und Jonas Schmager hinter der Kamera. Das studentische Projekt wurde von Anfang an vom kleinen ZDF Fernsehspiel und erfahrenen Filmemachern unterstützt.
In „Kriegerin“ stehen zum ersten Mal die Frauen in der rechten Szene im Mittelpunkt. „Der Film soll auch ein aktualisiertes Bild von den Cliquen zeigen“, wünscht sich David Falko Wnendt. Aus seinen Erfahrungen mit Dokumentarfilmen hat er gelernt, dass die Wirklichkeit oft anders aussieht, als man denkt. Auch Rechte entsprechen schon lange nicht mehr allen Vorurteilen. Angefangen bei der Kleidung. „Dass die alle Glatze tragen und Bomberjacken, stimmt zum Beispiel nicht mehr“, sagt der Regisseur. Seine „Kriegerin“ ist eine junge Frau Anfang 20 aus irgendeiner Kleinstadt in Brandenburg. Marisa (Alina Levshin) arbeitet bei ihrer Mutter im Supermarkt. Allerdings widerwillig. Ausländer bedient sie partout nicht, und wenn sich jemand mit ihr anlegt, rastet sie sofort aus. Als die bürgerliche Svenja (Jella Haase) in Marisas Clique drängt und der afghanische Flüchtling Rasul sich ausgerechnet ihren Badesee zum Schwimmen aussucht, prallen Welten aufeinander. Es setzt sich eine Kette von Ereignissen in Gang, die das Leben der drei auf den Kopf stellt.
„Rassismus ist in dieser Szene sehr präsent“, so Wnendt. Er hat auch mit verschiedenen Cliquen in selbstorganisierten Jungendclubs über diese Fragen diskutiert. Für sein Drehbuch ist er sogar auf rechten Demos mitgelaufen. Zur Recherche. Aufgefallen ist ihm dabei, dass Fremdenfeindlichkeit gerade dort sehr ausgeprägt ist, wo nur ein verschwindend geringer Teil von Ausländern lebt. „Man muss sich fragen, woher diese Einstellungen kommen“, sagt Wnendt. Eine seiner Gesprächspartnerinnen hat ihm zum Beispiel erzählt, dass sie eine schwarze Freundin hat, gerne Pizza isst und alles, was anders ist im Urlaub in Italien oder Thailand genießt. Allerdings unter dem Vorbehalt: „Ich mag es da und nicht hier!“ Diesen Satz hat Wnendt oft gehört. Am meisten überraschte ihn, dass die politischen Ansichten der jungen Frauen oft stark von den Großeltern geprägt sind. Studien bestätigen seine These, dass es die alte Kriegsgeneration ist, die die Idee von einem Deutschtum an die Jugend weitergibt. Bei einer Erzählerin, war es sogar der Urgroßvater, der eine große Rolle in ihrem Leben spielte. Diese Geschichte hat Wnendt auch im Drehbuch verarbeitet.
Dass er mit seinem Film den Missfallen der rechten Szene auf sich ziehen wird, erwartet David Falko Wnendt nicht. „Ich habe niemandem vorgemacht, dass ich einen Propaganda-Film für die Rechten drehe.“ Er glaubt, dass viele Jugendliche ihre Geschichten gerne erzählen wollten. „Sie wussten zu schätzen, dass ich bereit bin, mich mit ihnen zu treffen und ihnen zuzuhören.“ Deswegen versucht er auch im Film ganz nah an die Realität der Jugendlichen heranzukommen. Um das zu erreichen, wurden viele Rollen mit Laiendarstellern besetzt, die aus einem ähnlichen Milieu kommen, wie seine Figuren. „Es war mir wichtiger, dass jemand die Rolle gut ausfüllt, als welche Ausbildung er hat“, sagt Wnendt.
Wirklich brenzlig wurde es nur einmal, als der Regisseur auf einer rechten Demo, getarnt als Rechter, mitlaufen wollte. Während alle anderen mit ihren Gruppen gekommen waren, war er dort alleine und kannte keinen. Das fiel auf. Zum Glück ging es gut aus – nach einem kurzen „Verhör“ ließ man ihn sogar ein Plakat tragen.
Der Film „Kriegerin“ wird voraussichtlich 2011 in deutschen Kinos zu sehen sein. Weitere Infos im Internet unter www.Kriegerin-Film.de.
, ine Zimmer
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