Etwas HELLA: Autos lasst das Bremsen sein
Immer, wenn ich die Zeitung aufschlage und die Rubrik „Staumeldungen“ sehe, wird mir ganz warm ums Herz. Ich suche mir dann den interessantesten Stau heraus und genieße die schöne Herausforderung, mich dort durchzuschlängeln.
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Immer, wenn ich die Zeitung aufschlage und die Rubrik „Staumeldungen“ sehe, wird mir ganz warm ums Herz. Ich suche mir dann den interessantesten Stau heraus und genieße die schöne Herausforderung, mich dort durchzuschlängeln. Bei Autofahrern gibt es gegen Staus ja gewisse Vorbehalte, aber als Fußgänger oder Radfahrer kommt man schnell mit anderen Verkehrsteilnehmern ins Gespräch.
Als ich vorgestern die Tür aufmache, welche Freude, blinkt mir doch ein dicker gelber Pfeil entgegen. Endlich habe ich nun auch meinen ganz persönlichen Stau vor der Haustür. Die Heinrich-Mann-Allee ist teilweise gesperrt und an der Kreuzung Waldstraße/Horstweg hat fröhlich fluchender Gemeinsinn eine Chance bekommen. Durch Rohrverlegungen in der kleinen Heinrich-Mann-Allee wurde zuvor schon ein bisschen Chaos geübt, denn plötzlich kamen einem auf dem Fahrweg, der sich als Einbahnstraße ins Bewusstsein der Anlieger eingegraben hat, Geisterfahrer entgegen. Und schon gab es angeregte Gespräche wie: „Bist du doof, so geht das nicht.“ Oder: „Quatsch mich nicht voll, andersrum geht’s auch nicht.“
Ich habe nur eine Angst. Dass die Sperrungen von den Anliegern vielleicht gar nicht als Herausforderung wahrgenommen werden. Die Verkehrsverhältnisse sind an der genannten Kreuzung nämlich auch ohne Bauarbeiten immer schon chaotisch gewesen. Autofahrer, die sich auf der kleinen Heinrich-Mann-Allee befinden, machen den Spurt auf die Hauptstraße längst zur „Ermessensfrage“ oder zum Recht des Schnelleren. Sonst würden sie womöglich nach drei Tagen noch an der Ampel stehen, weil die Autos aus der Waldstraße Vorfahrt haben und Vorfahrt haben und Vorfahrt haben – und dann ist wieder Rot. Nicht immer bringt jemand den Wartenden Essen oder Trinken vorbei, deshalb die Panikattacken.
Sieben Monate lang, wenn die Bauplanung eingehalten wird und nicht Rohre oder Ähnliches quer liegen, können nun alle Anlieger und Herausfahrer ausprobieren, ob sie nicht anders als ausgerechnet über diese Kreuzung zum Horstweg und zur großen Heinrich-Mann-Allee vorstoßen können. Wenn sich da völlig neue Wege auftun, werden die vielleicht beibehalten und entlasten die Kreuzung bis in alle Ewigkeit.
Das ständige Anfahren und Bremsen auf der Heinrich-Mann-Allee selbst, das die Straßenschäden verursacht hat, sollte aber beibehalten werden, denn dann darf ich vielleicht bald wieder auf eine Kreuzungsreparatur hoffen. Auf eine Radfahrwegmarkierung auf dem Horstweg hoffe ich dagegen nicht, auch wenn es dafür genug Platz gäbe und die Radler jetzt an den Kleingärten ständig mit Fußgängern, Laub und Pfützen im Clinch liegen. Radfahrer sind nämlich Staukiller, weil sie sich schiebend und fluchend immer zwischen den Autos durchmogeln und viel zu wenig Straßenschäden anrichten. Wenn das Schule macht, hält womöglich der Straßenbelag länger und ich muss auf meine schönen Stau-Events verzichten.
An dieser Stelle schreibt alle zwei Wochen Hella Dittfeld über Dinge, die sie erfreuten oder ärgerten und hofft, dass dadurch Potsdam etwas heller wird.
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