
© M. Thomas
Von Kay Grimmer: Backshops statt Filialisten
Leerstand in der Einkaufsmeile Brandenburger Straße / Manager: Hohe Mieten führen zu Verdrängung
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Innenstadt - Potsdams Einkaufsmeile Brandenburger Straße und ihre Nebenstraßen stecken mitten im strukturellen Wandel. In gleich mehreren Innenstadt-Geschäften sind Umbauarbeiten in vollem Gang. Handelsketten wie „Pimkie“ haben sich aus Potsdams Mitte zurückgezogen, andere wie die „Wohlthat’sche Buchhandlung“ haben ihre Flächen reduziert. Im Gegenzug haben neue Filialisten wie „Betty Barclay“ mit Damenbekleidung kürzlich eröffnet, andere wie „C & A“ sollen folgen.
Die Stadtverwaltung erklärte auf Nachfrage, man nehme „den Wechsel von Mietern in der Brandenburger Straße und den Seitenstraßen wahr“. Allerdings sei dies „kein Zeichen für eine Verschlechterung der Situation“, sagte Pressesprecherin Regina Thielemann. So würden die meisten freien Handelsflächen innerhalb kurzer Zeit wieder vermietet werden.
Eine Stichprobe bei einem großen Internetportal für Gewerbeimmobilien zeigt aktuell gut 1500 Quadratmeter freie Gewerbefläche in der Brandenburger Straße und den Querstraßen. Dazu kommen weitere 300 Quadratmeter freier Gewerbeplatz im Holländischen Viertel. Diese Zahlen überraschen selbst Jan Kickinger, Geschäftsstraßenmanager beim Stadtkontor und damit verantwortlich für die Entwicklung der innerstädtischen Handelsmeile.
Was zum Leerstand führt, ist bekannt: Die Läden in der Innenstadt sind oftmals zu klein für größere Filialisten, denn namhafte Handelsketten wollen keine Geschäfte unter 300 Quadratmetern Ladenfläche – jedes der leerstehenden Objekte umfasst aber nicht mehr als 180 Quadratmeter Handelsfläche. Die Stadtverwaltung hat zwar Entwicklungsflächen für den Einzelhandel im Innenstadtbereich definiert, doch die Zusammenlegung vieler kleiner Gewerbeflächen zu einer großen bleibt schwierig. Grund sind oftmals unterschiedliche Eigentümer und der Denkmalschutz in der barocken Innenstadt. Beim Luisenforum in der Nähe des Brandenburger Tors habe es aber geklappt, so Stadtsprecherin Thielemann. Dort soll in Kürze der Bekleidungs-Riese „C & A“ eine Filiale eröffnen. Die Stadt unterstützt zudem nach Aussage Thielemanns die Ansiedlung kleiner und mittelgroßer Einzelhändler und kleiner Filialisten. 50 000 Euro seien im Etat reserviert, um damit notwendige Investitionen von bis zu einer Millionen Euro zu fördern.
Geschäftsstraßenmanager Kickinger bezeichnete die Leerstände als „temporär“, gab aber zu, dass insbesondere ein Umzug von Einzelhändlern von der Brandenburger Straße in die Nachbarstraßen zu verzeichnen sei. „Die Nebenstraßen entwickeln sich sehr gut“, so Kickinger, der dafür vor allem die niedrigeren Mieten verantwortlich macht. Hauseigentümer in der Brandenburger Straße würden stellenweise bei den Gewerbemietforderungen „übertreiben“, so Kickinger. „Diese Mieten können bestimmte Branchen gar nicht erwirtschaften“ und würden „gezwungen sein, auszuweichen“, machte der Geschäftsstraßenmanager in der Brandenburger Straße einen Verdrängungswettbewerb aus. Möglichkeiten zu Gegenmaßnahmen habe er nicht, räumte Kickinger ein. „Ich hoffe, dass der Markt das regelt“und Vermieter die Mieten wieder reduzieren würden, wenn die Ladenflächen leer bleiben. Weiterhin ist es sein Ziel, den Branchenmix auf der innerstädtischen Einkaufsstraße zu erweitern. Nach wie vor fehlt Kickinger ein breiteres Angebot im Lebensmittelbereich. Oft nachgefragt sei auch ein Feinkostangebot. Sorgen macht dem verantwortlichen Manager die „Inflation von Backshops“ in der Innenstadt, aber auch im Einzelhandelsgebiet Babelsberg: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie sich so viele dieser gleichen Geschäfte nebeneinander wirtschaftlich tragen.“
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