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Nicht mehr gefährdet: Der Heilige See hat sich laut dem brandenburgischen Landesumweltamt zu einem Vorbild für eine gelungene See-Sanierung entwickelt. Unter anderem wurde die Straßenentwässerung im Umfeld neu geregelt. Noch vor fünf Jahren war befürchtet worden, der See könne umkippen.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Baden ohne Schaden

Der Heilige See galt noch vor wenigen Jahren als Sorgenkind. Jetzt gibt das Umweltamt Entwarnung

Von Matthias Matern

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Noch vor fünf Jahren galt der Heilige See als Sorgenkind – inzwischen hat er sich offenbar zum Vorbild für eine gelungene See-Sanierung entwickelt. So lautet zumindest die Einschätzung des brandenburgischen Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV). „Die seit Jahren unternommenen Anstrengungen der Stadt Potsdam, die Nährstoffeinträge in den See zu minimieren, tragen erste Früchte. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung“, bestätigt LUGV-Sprecher Thomas Frey auf PNN-Nachfrage. Für Badegäste sei das an der größeren Sichttiefe erkennbar. „Jetzt gibt es einen reichen Erfahrungsschatz, mit welchen Maßnahmen man einen innerstädtischen See erfolgreich sanieren kann. Diesem Beispiel zu folgen wäre ein Rat, den man Kommunen, die mit vergleichbaren Problemen zu tun haben, geben kann“, so Frey weiter.

Dabei sahen die Prognosen für den Heiligen See, an dem so prominente Potsdamer wie der Fernsehmoderator Günther Jauch oder der Modeschöpfer Wolfgang Joop wohnen, düster aus. Wegen Sauerstoffmangels sei Leben ab einer Tiefe von vier Metern quasi unmöglich, dem See drohe der Kollaps, hieß es vor fünf Jahren. Alarm geschlagen hatte der Potsdamer Berufstaucher Bernd Reißland. Gestützt hatte er seine Warnung auf eigene Beobachtungen und auf Ergebnisse des Instituts für angewandte Gewässerökologie GmbH aus Seddin, das im Auftrag des Vereins „Berliner Vorstadt“ Wasserproben ausgewertet hatte. Demnach war ab einer gewissen Tiefe die Belastung mit rund 14 Milligramm Schwefelwasserstoff pro Liter so groß, dass es praktisch keinen Sauerstoff mehr gab. Die Folge: Organismen sterben, werden zersetzt von Bakterien, Ammoniak entsteht, der See beginnt zu stinken. Fester Sandgrund sei stinkendem Schlick gewichen, hatte Reißland von seinen Tauchgängen berichtet. Die maximale Wassertiefe, die an einer schmalen Stelle einmal 14 Meter betragen habe, betrage nur noch zehn Meter. Schwärme von Jungfischen, etwa Hechte, Aale und Karpfen, wie sie noch in den 90er-Jahren zu beobachten gewesen seien, wären nahezu verschwunden, hatte der Berufstaucher auch erklärt. Über die Ursachen wurde viel gerätselt. Die zahlreichen Badegäste, die jeden Sommer die Ufer des Sees aufsuchten, schlossen Experten als Grund für den starken Nährstoffeintrag aus.

Aufgeschreckt durch die schlechten Werte hatte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, der der See gehört, damals versprochen, das Gewässer zu retten. Schließlich bestehe die Gefahr, dass bei einem kollabierenden See die Pfähle, auf denen das Marmorpalais ruht, in Mitleidenschaft geraten. „Wir können nicht riskieren, dass uns das Gebäude in den See kippt“, hatte der frühere stellvertretende Stiftungsdirektor Heinz Berg gesagt.

Auch in der Stiftung hält man das Problem jetzt für gelöst. Zur Verbesserung habe vor allem eine veränderte Straßenentwässerung im Umfeld und das Aufstauen des Hasengrabens, der Verbindung des Heiligen Sees über den Jungfernsee mit der Havel, beigetragen, sagt Stiftungssprecher Frank Kallensee. „Der Hasengraben ist aufgestaut, um den Wasserspiegel im Heiligen See so hoch zu halten, dass kein oberirdischer Austausch mit der Havel stattfindet, das Wasser im See gehalten wird und Verunreinigungen verhindert werden“, erläutert Kallensee. Dadurch, dass die Stadt die Straßenentwässerung an das Abwassernetz angeschlossen habe, könne Regenwasser nicht mehr ungereinigt in den See fließen und für Verschmutzungen sorgen. „Der See befindet sich in einem guten biologisch-hydrochemischen Gleichgewicht. Ein Sanierungsbedarf für den See ist deshalb aktuell nicht erkennbar“, so Kallensee.

Das sieht auch Frey so. Seit 2002 überwacht das LUGV die Qualität regelmäßig. Zuletzt wurden 2012 Proben ausgewertet. „Obwohl die Nährstoffkonzentrationen noch auf einem hohen Niveau liegen, ist die sommerliche Algendichte relativ gering. Die nächsten Untersuchungen 2015/16 werden zeigen, ob sich die Nährstoffgehalte stabilisieren oder ob sich dieser Trend sogar weiter fortsetzt“, so Frey.

Taucher Reißland ist nicht überzeugt. Nichts sei unternommen worden, kritisiert er auf PNN-Anfrage. Spürbar sei das auch im See: „Es sind schon deutlich weniger Fische drin und die Muscheln sind bis auf wenige Teichmuscheln weg.“ Herabgefallene Blüten und Blätter sorgten in sechs, sieben Metern Tiefe dafür, dass mehr Sauerstoff verbraucht wird, erklärt der Profitaucher: „Das lagert sich dann unten als stinkender Schlick ab.“ Seine Daten vom Zustand des Sees hätten damals keinen interessiert. Dabei wäre die Lösung vergleichsweise einfach und kostengünstig: Per Rohrleitung müsste das sauerstoffarme, schlickige Tiefenwasser permanent abgeleitet, gleichzeitig Frischwasser zugeleitet werden. Da der Heilige See durch seine Stauung auf einem höheren Niveau als die Havel liege, sei die Wasserableitung fast ohne Pumpleistung möglich, so der 56-Jährige. „Das ist eine Frage des politischen Willens.“

Für eine solche Maßnahme aber sieht man im LUGV keinen Anlass. Zumal nach Einschätzung der Experten für die Tierwelt keine akute Gefahr bestehe. In der Regel sei die Fauna an die Lebensumstände weitgehend angepasst, weiche sauerstoffarmen Bereichen aus, so Frey. Eine Gefährdung trete eigentlich nur bei äußerst ungünstigen Bedingungen ein, wenn zum Beispiel im Winter unter Eis mit langer Schneebedeckung der Sauerstoffwert in der gesamten Wassersäule eine kritische Grenze längere Zeit unterschreite. „Diese Gefahr des Umkippens besteht für den Heiligen See nicht“, versichert der LUGV-Sprecher.

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